Ermäßigte Umsatzsteuer in der Gastronomie für 2024?
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2. November 2023

Ermäßigte Umsatzsteuer in der Gastronomie für 2024?

Hier Essen oder Mitnehmen?  Voraussichtlich gewinnt diese in der Gastronomie häufig gestellte Frage wieder an umsatzsteuerlicher Bedeutung. Wie die Situation aktuell ist und welche Entwicklung wir erwarten, erfahren Sie hier.

Ermäßigter Umsatzsteuersatz für die Gastronomie – die Regelung vor Corona

Vor Corona galt für Speisen, die Besucher in einem Restaurant, einem Café oder einer Bar verzehrten, ein Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Für Gerichte, die Kunden nach Hause bestellten oder abholten, fielen damals in der Regel sieben Prozent Mehrwertsteuer an. Daher wurde man in Gastronomie-Betrieben, die Speisen zum Verzehr vor Ort oder zum Mitnehmen anboten, gefragt, ob man diese vor Ort essen oder nach Hause mitnehmen wollte.

Darin steckte vor der Corona-Pandemie nicht nur die Frage, ob das Essen eingepackt werden sollte. Abhängig von der Antwort waren dann 7 Prozent oder 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig.

Absenkung des Mehrwertsteuersatzes für die Gastronomie während Corona

Durch das erste Corona-Steuerhilfegesetz wurde der Umsatzsteuersatz für die Abgabe von Speisen im Restaurant als Dienstleistung von 19 Prozent auf 7 Prozent gesenkt. Diese Maßnahme galt zunächst zwischen dem 30. Juni 2020 und dem 1. Juli 2021. Sie sollte den wirtschaftlich stark betroffenen gastronomischen Betrieben helfen. Später wurde diese Regelung durch das Dritte Corona-Steuerhilfegesetz bis zum 31. Dezember 2022 und dann ein weiteres Mal, am 22. September 2022, durch das achte Gesetz zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen bis zum 31. Dezember 2023 verlängert.

Für Getränke galt immer und gilt weiterhin grundsätzlich ein Steuersatz von 19 Prozent. 

Eine komplette Entfristung und dauerhafte Anwendung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes wurde zwar schon auf politischer Ebene diskutiert, letztlich aber vom Bundestag nicht beschlossen. 

Umsatzsteuer in der Gastronomie: Lage und Ausblick

Die im Zusammenhang mit der Corona-Krise eingeführte Regelung zur ermäßigten Umsatzbesteuerung von Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen wird voraussichtlich auslaufen. Dass die Regierung die derzeitige Regelung noch einmal verlängern wird, gilt derzeit als unwahrscheinlich. Ein entsprechender Antrag der Opposition zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (20/5810) wurde in zweiter Lesung abgelehnt. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zugrunde. Damit wird es wohl beim Auslaufen der derzeitigen Regelung per Ende 2023 bleiben. Sofern nichts Überraschendes mehr passiert, wird die Abgabe von Speisen damit nur noch bis zum 31. Dezember 2023 der Lieferung von Speisen gleichgestellt.

Ab 1. Januar 2024 wird die Umstellung des Umsatzsteuersatzes in der Gastronomie erforderlich

Gastronomen sollten sich schon einmal auf die Rückkehr zum Regelsteuersatz für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen vorbereiten. Ab dem 1. Januar 2024 gilt dann voraussichtlich wieder altes Recht. Die Frage „Zum hier Essen oder zum Mitnehmen?“ wird dann wieder an Bedeutung gewinnen. Verzehrfertig zubereitete Speisen können dann wieder im Rahmen einer möglicherweise ermäßigt besteuerten Lieferung als auch im Rahmen einer nicht ermäßigt besteuerten sonstigen Leistung abgegeben werden.

Umsatzsteuer in der Gastronomie: Wann überwiegt die Dienstleistung?

Die Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen richtet sich dabei danach, ob der Dienstleistungsanteil qualitativ überwiegt (vgl. Abschnitt 3.6 Abs. 1 UStAE). Ob der Dienstleistungsanteil qualitativ überwiegt, wird nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des Umsatzes beurteilt. Das hört sich einfach und plausibel an, kann im Einzelnen aber schwierig sein. Ein aktueller Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH-Beschluss vom 12. Juli 2023, XI B 1/23, Entscheidung Detail | Bundesfinanzhof) zeigt die Schwierigkeiten bei der Abgrenzung auf. Hier ging es um die Abgrenzung im Fall eines Grillstandes in einem Biergarten in Vor-Corona-Zeiten. Der BFH bestätigte die Besteuerung mit dem Regelsteuersatz, weil der Inhaber des Grillstands aufgrund des Pachtvertrags mit dem Betreiber des Biergartens berechtigt war, seinen Kunden die Infrastruktur des Biergartens zum Verzehr der Speisen zur Verfügung zu stellen. Nach Auffassung des BFH überwogen damit die Dienstleistungselemente, sodass es sich um keine ermäßigt zu besteuernde Speisenlieferung, sondern um Verpflegungsdienstleistungen zum regulären Steuersatz handele. Darüber hinaus deutet der BFH in seinen Leitsätzen an, dass schon die Bereitstellung und Rücknahme von Mehrweg-Geschirr und -Besteck sowie dessen Reinigung ausreichen kann, um den Regelsteuersatz zur Anwendung zu bringen. Diese Andeutung des BFHs mag dem einen oder anderen Gastronomen, welcher sein Angebot im Sinne der Nachhaltigkeit von Einweg-Geschirr auf Mehrweg-Geschirr umgestellt hat, auch nicht unbedingt weiterhelfen, um für sich die richtige Anwendung des Steuersatzes herauszufinden.

Unsere Einschätzung

Die Rückkehr zur Altregelung wird Anpassungsbedarf in der Gastronomie erfordern. Gastronomen sollten ihr Angebot auf die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes hin prüfen.

Die Anwendung des höheren Umsatzsteuersatzes hat wirtschaftliche Konsequenzen: Erhöhen die Gastronomen ihre Preise nicht, haben sie weniger Einkommen. Da viele Gastronomen ums Überleben kämpfen, werden sie die Preise anpassen müssen. Der Restaurantbesuch wird teurer!

Wir werden uns nicht in die politische Diskussion einmischen. Im Sinne der Vereinfachung wäre eine dauerhafte Anwendung des ermäßigten Steuersatzes besser für die Gastronomie. Darüber hinaus hätten wir Verständnis für eine weitere wirtschaftliche Unterstützung der Gastronomie aufgrund der derzeitigen gesamtwirtschaftlichen Lage gehabt.

Haben Sie Fragen zum ermäßigten Umsatzsteuersatz für die Gastronomie? Unsere Berater:innen beantworten sie gerne!

 

Marcus Sauer

Partner, Steuerberater, Diplom-Volkswirt

Tino Wunderlich

Associate Partner, Rechtsanwalt, Steuerberater, Bereich Energiesteuern

Sebastian Raphael Vogt

Prokurist, Head of Indirect Tax, Rechtsanwalt (Syndikusanwalt)

Marius Bensmann

Prokurist, Steuerberater

Expert:innen zu diesem Thema

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