Neuerungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2023: Darstellung der typischen Komponenten eines Balkonkraftwerks
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20. September 2024

Neuerungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz 2023: Ein Überblick über das Solarpaket I

Kategorien: Steuerberatung

Das Solarpaket I, das am 16. Mai 2024 in Kraft trat, bringt bedeutende Neuerungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz für die Photovoltaikbranche in Deutschland. Dieses Gesetz, das am 26. April 2024 sowohl vom Bundestag als auch vom Bundesrat verabschiedet wurde, zielt darauf ab, den Ausbau der Solarenergie erheblich zu beschleunigen. Das Bundesministerium der Finanzen vollzieht diese Änderungen nunmehr im Umsatzsteuer-Anwendungserlass für Balkonkraftwerke nach.  

Erleichterungen für Balkonkraftwerke 

Das Solarpaket I vereinfacht die Installation von Steckersolargeräte, für die keine Einspeisevergütung begehrt wird. Dies sind sogenannte. Balkonkraftwerke, Mini-Solaranlage und steckerfertige PV-Anlage) mittels derer überwiegend in Privathaushalten Photovoltaik-Strom für den Eigenbedarf produziert werden kann. Steckersolargeräte bestehen in der Regel aus einem oder zwei Photovoltaik-Modulen, einem netzgekoppelten Wechselrichter (Komponente zur Umwandlung von Gleichstrom in Wechselstrom), einer Anschlussleitung und einem Stecker zum Anschluss an Endstromkreise. Damit wird es gerade im Wohnbereich deutlich einfacher und unbürokratischer, kleinere Photovoltaik (PV)-Anlagen zu installieren und Solarenergie zu nutzen, um so einen Beitrag für den Klimaschutz zu leisten. Diese sog. Steckersolargeräte dürfen nun mit einer Leistung von bis zu 2 Kilowatt betrieben werden, wobei die Wechselrichterleistung auf bis zu 800 Voltampere (VA) begrenzt wurde. Die bislang erforderliche Anmeldung beim Netzbetreiber entfällt; es reicht aus, die Anlagen im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur zu registrieren. 

Änderungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 

Die Änderungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz für sogenannte. Balkonkraftwerke betreffen insbesondere die  

  • vereinfachte Anmeldung für Geräte mit einer installierten Leistung von insgesamt bis zu 2 Kilowatt und einer Wechselrichterleistung von insgesamt bis zu 800 Voltampere. Es genügt die Registrierung zum Marktstammdatenregister (MaStR) gemäß § 5 oder § 7 der Marktstammdatenregisterverordnung (MaStRV)
  • innerhalb eines Monats nach Inbetriebnahme. 
  • Durch die Zuordnung der Anlage zur unentgeltlichen Abnahme entfällt die Meldung beim Netzbetreiber. 
  • Übergangsregelungen für Zähler: Balkonkraftwerke dürfen vorübergehend auch an Zählern ohne Rücklaufsperre betrieben werden, bis moderne Zweirichtungszähler installiert sind. Dies ermöglicht eine flexiblere Nutzung der Solaranlagen ohne sofortige Umrüstung der Zähler. Mehr zu den Fördermöglichkeiten von Photovoltaik-Anlagen finden Sie hier 

Das Solarpaket I bringt auch Vorteile für Mieterstromprojekte. Die Bürokratie wird reduziert und die “Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung” eingeführt, die eine vereinfachte Regelung für Solaranlagen auf Mehrfamilienhäusern bietet. Diese Regelung ermöglicht eine unkompliziertere Nutzung von Solarstrom für Gewerbeeinheiten und andere Letztverbraucher innerhalb eines Gebäudes. 

Duldungspflicht für Anschlussleitungen: Betreibende von Solaranlagen dürfen künftig Anschlussleitungen über öffentliche Grundstücke legen und diese für Wartungsarbeiten betreten. Dies könnte insbesondere in dicht besiedelten Gebieten von Vorteil sein.  

Änderungen im Umsatzsteuer-Erlass 

Durch Artikel 16 des Jahressteuergesetzes G. v. 16.12.2022, BGBl. I S. 2294, 2023 I Nr. 293 wurde für bestimmte Anlagen ein sogenannter. Nullsteuersatz eingeführt. Das heißt.h. , die Umsatzsteuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage und der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern. Voraussetzung ist jedoch, dass die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Der Gesetzgeber hat diesbezüglich eine Vermutungsregelung ins Gesetz aufgenommen: die vorgenannten Voraussetzungen gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird. 

Die Finanzverwaltung hat im Umsatzsteueranwendungserlass weitere Details aufgenommen, insbesondere über den Nachweis der Voraussetzungen für die Anwendung des Nullsteuersatzes. So entfiel für sog. Balkonkraftwerke die Verpflichtung zum Nachweis des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen, sofern die Leistung der Photovoltaikanlagen nicht mehr als 600 Voltampere beträgt. In diesem Falle wurde auch die Betreibereigenschaft des Leistungsempfängers unterstellt. Dies hätte dazu geführt, dass durch die Änderungen des EEG durch die Anhebung der Leistungsgrenze auf 800 Voltampere für Anlagen mit verschiedenen Leistungsgrenzen unter- und oberhalb von 600 Voltampere verschiedene Nachweispflichten zu erfüllen sind. Mit dem durch das BMF-Schreiben vom 15.08.2024 geänderten Leistungsgrenzen von 600 Voltampere auf 800 Voltampere hat die Finanzverwaltung einen Gleichlauf einer einheitlichen Leistungsgrenze zwischen EEG und dem Umsatzsteuergesetz hergestellt. 

Folglich gelten die vorgenannten Erleichterungen bei der Anwendung des Nullsteuersatzes für Balkonkraftwerke auch bei einer Leistung von nicht mehr als 800 Voltampere. 

Auch das bringt Änderungen im Bereich der Ertragsteuer mit sich. Hier erfahren Sie mehr über die ertragsteuerlichen Änderungen für den Betrieb von PV-Anlagen. 

Änderungen im Wohneigentumsrecht und Mietrecht  

Parallel dazu hat der Bundestag auch Neuregelungen im Wohneigentumsgesetz und zum Mietrecht beschlossen, um die Installation von Steckersolargeräten – also Balkonkraftwerken – noch weiter zu erleichtern. Die Stromerzeugung durch Steckersolargeräte wird damit in den Katalog der sogenannten privilegierten Maßnahmen im Wohnungseigentumsrecht und im Mietrecht aufgenommen werden. Die Wohnungseigentümer:/innen in Mehrparteienhäusern sowie Mieter:/innen können künftig von ihren Eigentümergemeinschaften beziehungsweise Vermietenden verlangen, die Installation von Balkonkraftwerken zu gestatten. 

Kritische Stimmen und Ausblick 

Während die Reformen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) als Fortschritt für die erneuerbare Energieversorgung angesehen werden, gibt es auch kritische Stimmen aus der Wohnungswirtschaft. Einige Vertreter:innen beklagen, dass sozial orientierte Vermieter:innen durch Umsatzgrenzen benachteiligt werden und dass unvorhersehbare Risiken bestehen, wenn Mieter:innen den produzierten Strom nicht abnehmen. 

Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) hat bereits auf mögliche weitere Anpassungen gedrängt und begrüßt die Aussicht auf ein Solarpaket II, um den Ausbau der Photovoltaik weiter zu fördern. Weitere Details zum Investitionsabzugsbetrag bei PV-Anlagen finden Sie hier. 

Unsere Einschätzung 

Zu begrüßen ist die weitgehende Harmonisierung der Steckersolargeräte sowohl im EEG als auch im Umsatzsteuerrecht.

Damit wird deutlich, dass Entwicklungen im EEG auch im Steuerrecht nachvollzogen werden müssen, um eine Einheitlichkeit der Rechtsordnung zu gewährleisten. Nur so kann das mit den Regelungen verfolgte Ziel erreicht werden, ohne dass steuerliche Rahmenbedingungen es erschweren. 

Das Solarpaket I stellt einen bedeutenden Schritt zur Förderung der Photovoltaik dar und bringt sowohl für private Nutzer:innen als auch für gewerbliche Betreiber:innen zahlreiche Erleichterungen und Verbesserungen. Die Reformen sollen dazu beitragen, die Ziele der Energiewende schneller zu erreichen und die Nutzung erneuerbarer Energien weiter auszubauen. 

Bleiben Sie informiert über weitere Entwicklungen und Anpassungen im Bereich der erneuerbaren Energien – die kommende Zeit wird sicherlich weitere spannende Neuerungen bringen. Gerne berät Sie umsatzsteuerlich zu dem Thema die Service Line Indirect Tax, insbesondere Tino Wunderlich und Undine Vorsprach. Auch über die Umsatzsteuer hinaus stehen wir gerne beratend an Ihrer Seite. So haben aus ertragsteuerlicher Perspektive unsere Kollegen Wilhelm Kollenbroich, Lars Rinkewitz, Alexander Lejer und Raphael Niederstraßer einige hilfreiche Informationen zusammengestellt.  

 

Vermerk: Bitte beachten Sie, dass in diesem Dokument bei den durch Gesetze festgeschriebenen Begriffen auf das Gendern verzichtet wird, um die juristische Präzision und Klarheit zu wahren. In allen anderen Textteilen wird eine gendergerechte Sprache verwendet, um die Gleichstellung aller Geschlechter zu fördern.   

Tino Wunderlich

Associate Partner, Rechtsanwalt, Steuerberater, Bereich Energiesteuern

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