Jahressteuergesetz 2024 – Was hat sich geändert?
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11. April 2024

Jahressteuergesetz 2024 – Was hat sich geändert?

Kategorien: Steuerberatung

Nun liegt der erste Aufschlag des Bundesfinanzministeriums für das Jahressteuergesetz 2024 auf dem Tisch. In dem 240 Seiten dicken Entwurf finden sich eher technische Steuerfragen. Die finanzielle Gesamtwirkung für den Bundeshaushalt ist kaum wahrnehmbar. Unter dem Strich steht eine minimale Mehreinnahme von 110 Millionen Euro. Bezogen auf ein Gesamtsteueraufkommen von rund einer Billion Euro bewegt man sich in der Größenordnung von 0,1 Promille. Hier erfahren Sie, welche Themenbereiche aufhorchen lassen und welche Sie im Laufe des Jahres hinsichtlich Ihrer tatsächlichen gesetzlichen Umsetzung beachten sollten.

Umsatzsteuerliche Belastung für Unternehmer

Bei einer ersten Durchsicht fällt die umsatzsteuerliche Belastung für Unternehmer:innen in bestimmten Fällen auf: Unternehmer:innen werden die Umsatzsteuer auf bezogene Leistungen erst später vom Finanzamt erstattet bekommen, wenn Ihr:e Lieferant:in oder Dienstleister:in relativ klein ist und damit der sogenannten IST-Versteuerung unterliegt.

In diesen Fällen muss die auf einer Rechnung fällige Umsatzsteuer erst an das Finanzamt überwiesen werden, wenn das Geld bei den Lieferant:innen eingegangen ist.

Künftig müssen die Geschäftspartner:innen entsprechender IST-Versteuerer also ausharren. Der Entwurf sieht vor: 

„Vorsteuerabzug aus der Rechnung eines Ist-Versteuerers erst bei Zahlung des Entgelts ab 1.1.2026.”

Um rund 700 Millionen Euro würde das den Fiskus entlasten. Entsprechend groß dürfte der Unmut bei den Unternehmer:innen sein, die länger auf ihre Vorsteuer warten müssen.

Unternehmen sollten also die Vorauswahl der Lieferant:innen zur Optimierung der Liquidität so planen, dass sie nur bei sogenannten SOLL-Versteuerern Lieferungen und Dienstleistungen beschaffen. IST-Versteuerer sollten die Entwicklung beobachten und gegebenenfalls zu Beginn 2026 in die SOLL-Versteuerung wechseln. 

Mobilitätsbudget für Arbeitgeber:innen und Mitarbeiter:innen

Vorteilhaft für unsere Mandant:innen in ihrer Arbeitgeberrolle: Ihre Mitarbeitenden sollen besser unterstützt werden in puncto Mobilität. Jenseits von Dienstwagen, Dienstrad und Jobticket wird eine neue Pauschal­besteuerung für die gelegentliche Nut­zung von E-Scootern, E-Bikes, Car-Sharing-Angeboten und Fahrdienstleis­ter:innen als Mobilitätsbudget geplant.

Das Konzept: Das Unternehmen finanziert die Nutzung der entsprechenden Angebote; der damit verbundene geldwerte Vorteil wird bis zu 2.400 Euro im Jahr pauschal zum Sondersatz von 25 Prozent versteuert.

Allerdings befindet sich dieser Punkt erst in der Frühkoordinierung und der innerministerlichen Klärung, ob die Idee so ausgereift ist, dass sie in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden kann.

Gemeinnützigkeitsrecht

Die im Koalitionsvertrag formulierte Änderung des Gemeinnützigkeitsrechts durch die Abgabenordnung steht weiterhin aus. Die Koalitionspartner haben in ihrem Vertrag formuliert: 

„Wir wollen gesetzlich klarstellen, dass sich eine gemeinnützige Organisation innerhalb ihrer steuerbegünstigten Zwecke politisch betätigen kann sowie auch gelegentlich darüber hinaus zu tagespolitischen Themen Stellung nehmen kann, ohne ihre Gemeinnützigkeit zu gefährden.“

Ehegattensplitting

Auch der verabredete Ersatz der Lohnsteuerklassen-Kombination III und V durch das Faktorverfahren, der die Arbeit des/der Ehepartner:in mit dem geringeren Einkommen (zumeist die Frau) aufwerten sollte, ist im derzeitigen Entwurf des Bundesfinanzministeriums nicht vorgesehen. 

Anpassung von Grundfreibetrag und Kinderfreibetrag

Die bisher angekündigte rückwirkende Anpassung von Grundfreibetrag und Kinderfreibetrag, die sich aus der starken Erhöhung des Bürgergelds zwingend ergibt, soll mit einem eigenen Gesetz geregelt werden. Derzeit ist hier keine Bewegung erkenntlich. Ein Konfliktpunkt könnte sein, ob auch das Kindergeld entsprechend angepasst werden muss.

Wir erwarten die diskutierte Tarifkorrektur zur Entschärfung der kalten Progression erst im Herbst, wenn der dazugehörige Ministeriumsbericht vorliegt.

Die kalte Progression liegt vor, wenn die Belastung der Steuerzahler:innen steigt, weil die Einkommen nominal steigen, Bürger:innen sich aber trotzdem wegen der Inflation damit nicht mehr leisten können. Deswegen sollte der Steuertarif regelmäßig verschoben werden. 

Steuerliche Würdigung von Krankenkassen-Boni

Zum Gesetzentwurf gehört eine Regelung zu Boni für gesundheitsbewusstes Verhalten. Versicherte können derzeit die Kosten für ihre Krankenversicherung bei der Steuer geltend machen. Gutschriften müssten eigentlich gegengerechnet werden. Hier gab es aus Verein­fachungsgründen schon eine Ausnahme für Bonusleistungen bis zu 150 Euro. Diese will der Bund nun „gesetzlich verstetigen”. 

Landwirtschaftliche Besteuerung durch Tarifglättung

Die Tarifglättung in der Landwirtschaft, die eigentlich auslaufen sollte, wird um die Veranlagungszeiträume 2023 bis 2025 und 2026 bis 2028 verlängert. Landwirt:innen sollen weiterhin ihre Einkommen über drei Jahre versteuern können.

Bei der Tarifglättung verringern Jahre mit schlechtem wirtschaftlichen Ergebnis das Ergebnis guter Jahre über einen Turnus von jeweils drei Jahren. Wegen der Progression im Steuertarif hilft das, die Belastung zu drücken. Die damit verbundene Entlastung wird auf 50 Millionen Euro im Jahr beziffert.

Gesetzliche Vereinfachung für Hobby-Bierbrauer:innen

Das Finanzministerium plant eine Entlastung aller Hobbybrauer:innen, die zu Hause eigenes Bier brauen. Die Biermenge, die sie steuerunschädlich selbst herstellen dürfen, wird von 200 auf 500 Liter im Jahr erhöht.

Unsere Einschätzung

Die Änderungen in diesem Jahr fallen eher übersichtlich aus, die Auswirkungen auf Unternehmen können trotzdem größer sein, als gedacht. Wenn Sie von den Änderungen betroffen sind und Hilfe benötigen, sprechen Sie uns an. Wir beraten Sie gerne.

Niels Webersinn

Associate Partner, Steuerberater

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