7. November 2024
JStG 2024: Wegzugsbesteuerung auf Investment- und Spezialfonds verschärft – Steuerfallen und Handlungstipps
Inhaltsverzeichnis
Inhaber:innen von Investmentanteilen oder Spezial-Investmentfondsanteilen müssen in Deutschland zwei Arten von Erträgen versteuern. Neben der Versteuerung der laufenden Erträge bei Ausschüttung unterliegt auch die Wertsteigerung der Anteile der Besteuerung. Daher werden im Falle einer Veräußerung die sogenannten stillen Reserven besteuert.
Um sicherzustellen, dass die Besteuerung der Wertsteigerung nicht durch einen Wegzug ins Ausland umgangen werden kann, möchte der Gesetzgeber im Zuge des am 18.10.2024 vom Bundestag beschlossenen Entwurfs des Jahressteuergesetzes 2024 die sogenannte Wegzugsbesteuerung verschärfen, indem diese auf Investmentanteile und Anteile an Spezial-Investmentfonds ausgeweitet wird.
Besteuerung von Wertsteigerungen bei Wegzug ins Ausland nach § 6 AStG
Die im § 6 Außensteuergesetz (AStG) geregelte Wegzugsbesteuerung soll die Besteuerung der Wertsteigerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften in Deutschland sicherstellen. Dazu enthält der § 6 AStG verschiedene Konstellationen, in denen die Anteile an Kapitalgesellschaften als fiktiv veräußert gelten, sobald das deutsche Besteuerungsrecht aufgrund eines Wegzugs ins Ausland eingeschränkt oder ausgeschlossen wird.
Im Ergebnis werden dadurch die während der deutschen Steuerpflicht entstandenen stillen Reserven im Zeitpunkt des Wegzugs besteuert, obwohl keine Veräußerung der Anteile erfolgt.
Stille Reserven in Investmentfonds und die Grenzen der Wegzugsbesteuerung
Nach der aktuellen Rechtslage werden von der Wegzugsbesteuerung nur Anteile an Kapitalgesellschaften erfasst, an denen wegziehende Steuerpflichtige innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens 1 % beteiligt waren. Stille Reserven in sonstigen Wirtschaftsgütern des Privatvermögens, wie z. B. Anteilen an Investmentfonds, wurden bislang nicht von der Wegzugsbesteuerung erfasst.
Geplante Steuerpflicht für Investmentfonds bei Wohnsitzaufgabe oder Übertragung
Durch die im Rahmen des JStG 2024 geplante Aufnahme des § 19 (3) – neu und des § 49 (5) – neu Investmentsteuergesetzes (InvStG) möchte der Gesetzgeber nun auch Anteile an bestimmten Investmentfonds in den Anwendungsbereich der Wegzugbesteuerung aufnehmen. Demnach sollen solche Anteile entsprechend § 6 (2) AStG als veräußert gelten, wenn die unbeschränkte Steuerpflicht der Investor:innen endet, weil diese den Wohnsitz aufgeben, die Investmentanteile unentgeltlich auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person übertragen werden oder wenn das Besteuerungsrecht Deutschlands aus sonstigen Gründen beschränkt oder ausgeschlossen wird.
„Gewichtige“ Fälle der Wegzugsbesteuerung – Neue Schwellenwerte im § 19 (3) InvStG
Allerdings möchte das Gesetz nicht alle Fälle umfassen, sondern lediglich in „gewichtigen“ Fällen eine Besteuerung auslösen. Daher sollen in den neuen § 19 (3) InvStG Schwellenwerte aufgenommen werden, wodurch die Wegzugbesteuerung nur ausgelöst wird, wenn der Investor mindestens 1 % der gesamten Anteile der ausgegebenen Investmentanteile hält oder die Anschaffungskosten je Beteiligung mindestens 500.000 € betragen haben.
Für die Ausdehnung der Wegzugbesteuerung auf Anteile an Spezial-Investmentfonds nach § 49 (5) – neu InvStG sind solche Schwellenwerte nicht geplant, da Beteiligungen von Privatpersonen an Spezial-Investmentfonds per Fiktion generell als gewichtige Fälle gelten.
Unsere Einschätzung zur Wegzugsbesteuerung auf Investment- und Spezialfonds
Laut der Gesetzesbegründung möchte der Gesetzgeber durch die Ausdehnung der Wegzugbesteuerung auf Investmentanteile und Anteile an Spezial-Investmentfonds Besteuerungslücken schließen, da sich Investmentfonds im Rahmen von Steuergestaltungen zur Vermeidung der Besteuerung von Wertsteigerungen bei einem späteren Wegzug nutzten lassen. Dennoch werden durch die Neuregelung auch viele nicht missbräuchliche Fälle erfasst. Da die Besteuerung der Wertsteigerung beim Wegzug ohne tatsächlichen Liquiditätszufluss erfolgt, ist die Wegzugsbesteuerung oft ein großes Hindernis für internationale Mobilität.
Bei grenzüberschreitenden Konstellationen sollten sich Investor:innen von betroffenen (Spezial-)Investmentfonds daher frühzeitig rechtlich und steuerlich beraten lassen, um das ungewollte Auslösen eines Besteuerungstatbestandes zu verhindern.
Vermerk: Bitte beachten Sie, dass in diesem Dokument bei den durch Gesetze festgeschriebenen Begriffen auf das Gendern verzichtet wird, um die juristische Präzision und Klarheit zu wahren. In allen anderen Textteilen wird eine gendergerechte Sprache verwendet, um die Gleichstellung aller Geschlechter zu fördern.