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25. Juni 2025

Steuerklassenwahl und Trennung: Was Eheleute wissen sollten 

Kategorien: Steuerberatung

Wenn aus einem „Wir“ ein „Ich“ wird – was bedeutet das steuerlich? Die Wahl der Steuerklasse beeinflusst, wie viel Geld monatlich zur Verfügung steht. Besonders Verheiratete oder eingetragene Lebenspartner mit unterschiedlich hohen Einkommen greifen häufig zur Kombination III/V. Doch was passiert bei einer Trennung? Wer zahlt was? Und muss der oder die Schlechterverdienende nachträglich entschädigt werden? Wir klären mit einem Fall aus der aktuellen Rechtsprechung auf.  


Welche Steuerklassen gibt es? 

Verheiratete Arbeitnehmer:innen können zwischen verschiedenen Steuerklassenkombinationen wählen:  

  • IV/IV: Partner und Partnerin haben etwa gleich hohe Abzüge.  
  • III/V: Der oder die Besserverdienende zahlt in Klasse III weniger Steuern, der oder die Geringverdienende in Klasse V deutlich mehr.  
  • IV/IV mit Faktor: Eine gerechtere Verteilung der Steuerlast über das Jahr.  

Die Kombination der Klassen III/V führt häufig zu einem höheren Netto-Einkommen für das Paar – aber eben auch zu einer unausgewogenen Steuerverteilung zwischen den Eheleuten oder eingetragenen Lebenspartnerschaften. Problematisch wird das besonders bei einer Trennung.  

Welche steuerlichen Fragen stellen sich nach der Trennung?  

Wird eine Ehe beendet, stellt sich oft die Frage: War die Steuerklassenwahl während der Ehe fair? Und wer haftet bei Nachzahlungen? Ein Fall aus Bayern zeigt, wie kompliziert die Lage werden kann:  

Ein Ehepaar war seit 2007 verheiratet. Während der gemeinsamen Zeit entschieden sich die beiden für die Steuerklassenkombination III/V. Der Ehemann verdiente rund 95.600€ jährlich, die Ehefrau etwa 21.500€. 

Für das Jahr 2021 reichten sie gemeinsam eine Einkommensteuererklärung ein und wurden – steuerlich korrekt – zusammen veranlagt. Das führte zu einer Nachzahlung von 1.395€, die zunächst vollständig vom Ehemann übernommen wurde. 

Nach der Trennung beantragte die Ehefrau jedoch eine Aufteilung der Steuerschuld gemäß §279 AO. Das Ergebnis: Ihre persönliche Steuerlast reduzierte sich erheblich – sie sollte sogar eine Erstattung in Höhe von 3.271,47€ erhalten. Im Gegenzug hätte der Ehemann diesen Betrag zusätzlich zahlen müssen. Der wehrte sich dagegen und verlangte von seiner Ex-Frau einen finanziellen Ausgleich für die Mehrbelastung. Der Fall ging vor Gericht. 


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Die Entscheidung des Amtsgerichts Landshut (Familiengericht) vom 24.05.2024 

Das Familiengericht stellte sich auf die Seite des Ehemanns. Die Richter:innen argumentierten, dass die Ehefrau mit dem Antrag auf Steueraufteilung gegen die eheliche Solidaritätspflicht verstoßen habe. Beide Eheleute hätten sich bewusst für die Kombination III/V und die gemeinsame Veranlagung entschieden. Eine nachträgliche einseitige Korrektur sei daher unzulässig. Das Gericht sprach dem Ehemann Schadensersatz zu – die Ehefrau sollte die zusätzliche Steuerlast ausgleichen. 

Der Hinweisbeschluss des OLG München vom 16.09.2024 (Az. 16 UF 666/24 e)  

Das Oberlandesgericht München kam zu einer gegenteiligen Einschätzung. Die Zusammenveranlagung sei rechtlich nicht zu beanstanden. Entscheidend sei jedoch die Unterscheidung zwischen steuerlicher Außenwirkung und der internen Verteilung der Steuerlast. Die ursprünglich gewählte Steuerklassenkombination binde die Eheleute nicht dauerhaft – schon gar nicht nach einer Trennung. 

Während der Ehe sei es üblich, gemeinsam zu wirtschaften und auch steuerliche Vorteile ungleich zu verteilen. Ein Ausgleich für eine ungünstigere Steuerklasse – wie im Fall der Ehefrau – sei in der Ehezeit nicht vorgesehen. Mit der Trennung ändere sich jedoch die rechtliche Bewertung: Die Aufteilung der Steuerschuld nach §279 AO sei gesetzlich ausdrücklich zulässig und kein Verstoß gegen eheliche Pflichten. Einen Anspruch auf Schadensersatz gebe es daher nicht. 

Was Sie für den Trennungsfall beachten sollten: Unsere Einschätzung 

Die Wahl der Steuerklassenkombination – etwa III/V – kann während der Ehezeit durchaus Vorteile bringen. Doch im Fall einer Trennung oder Scheidung zeigt sich häufig die Kehrseite dieser Entscheidung: Die Kombination kann zu Streit über vermeintlich ungleiche Belastungen führen. 

Dabei gilt: Wer sich während der Ehe für Steuerklasse V entschieden hat, kann nachträglich keinen finanziellen Ausgleich vom Ex-Partner / von der Ex-Partnerin verlangen – und umgekehrt auch nicht dazu verpflichtet werden, einen solchen zu leisten. Die gewählte Steuerklassenkombination begründet keinen automatischen Anspruch auf Kompensation. 

Vorsicht bei Einkommensteuer-Vorauszahlungen: Werden diese von einem Eheteil übernommen, empfiehlt sich eine sogenannte Tilgungsbestimmung. Damit teilen Sie dem Finanzamt ausdrücklich mit, dass Ihre Zahlung nur auf Ihre eigene Steuerschuld angerechnet werden soll. 

Unser Tipp: Nutzen Sie rechtzeitig die Beratung durch Ihre Steuerkanzlei. Das schafft Klarheit, denn die steuerlichen Folgen von Ehe, Trennung und Nachzahlungen sind komplex. 

Fazit: Die Steuerklasse ist mehr als nur ein Rechenmodell. Sie betrifft auch Fragen des finanziellen Miteinanders. Eine frühzeitige, gut dokumentierte Entscheidung schützt im Ernstfall beide Seiten vor Streit. Denn auch wenn die Liebe vergeht – die Steuer bleibt.  

Kontakt: Sie haben Fragen zur Steuerklassenwahl oder zu Ihrer persönlichen Situation? Sprechen Sie uns gerne an. 

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