Vereinheitlichung des Stiftungsrechts
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16. Februar 2023

Vereinheitlichung des Stiftungsrechts

Kategorien: Allgemein, Arbeitgeber

Der Gesetzgeber beschreitet den Weg zur Vereinheitlichung des deutschen Stiftungsrechts in zwei Schritten. Hier finden Sie die wichtigsten Daten im Überblick.

Ab 1. Juli 2023 wird zunächst das Stiftungsrecht in den §§ 80 bis 88 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) konzentriert und umfassend vereinheitlichend geregelt. Damit begegnet der Bundesgesetzgeber der Rechtszersplitterung und -unsicherheit, die durch eine Vielzahl landesrechtlicher Stiftungsgesetzen entstanden ist. Welche relevanten Neuerungen das vereinheitlichte Stiftungsrecht mit sich bringt, erfahren Sie hier.  

Vereinheitlichtes Stiftungsrecht: Wie werden Umschichtungsgewinne verwendet?

Das Stiftungsvermögen wird sich künftig aus dem grundsätzlich ungeschmälert zu erhaltendem Grundstockvermögen und sonstigem, der Erfüllung des Stiftungszwecks dienendem Vermögen zusammensetzen. Ausdrücklich geregelt wird im neuen § 83c Abs. 1 Satz 3 BGB, dass auch Zuwächse aus der Umschichtung des Grundstockvermögens zur Erfüllung des Stiftungszwecks verwendet werden dürfen. Es gelten zwei Voraussetzungen:

  1. Das wird nicht durch die Satzung ausgeschlossen
  2. Die Erhaltung des Grundstockvermögens ist gewährleistet.

In der Praxis der Stiftungsaufsichtsbehörden unterschied sich die Behandlung von Umschichtungsgewinnen je nach Bundesland unterschiedlich. 

Was bedeutet die Business Judgement Rule und die Haftung der Organmitglieder?

84a Abs. 2 BGB regelt ab dem 1. Juli 2023 den durch Organmitglieder zu beachtenden Sorgfaltsmaßstab. Es liegt keine Pflichtverletzung vor, wenn ein Organmitglied unter Beachtung der gesetzlichen und satzungsgemäßen Vorgaben vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Stiftung zu handeln. Abweichend von der bisherigen Rechtslage ist eine weitere Beschränkung der Haftung nicht nur im Rahmen des Stiftungsgeschäfts, sondern künftig auch durch Satzungsänderung möglich.

Das Haftungsprivileg für unentgeltlich tätige Organmitglieder wird nach § 84a Abs. 3 BGB künftig satzungsdisponibel sein. Hierdurch besteht die Möglichkeit des Rückgriffs auf die Stiftungsmitglieder im Innenverhältnis. Der Ausschluss von § 31a BGB ist immer dann zweckmäßig, wenn für die durch Pflichtverletzung der Organmitglieder entstandenen Schäden Versicherungsschutz besteht. 

Neues Stiftungsrecht: Voraussetzungen für Satzungsänderungen und Beendigung

Der neue § 85 BGB wird die Voraussetzungen von Satzungsänderungen in Relation zu deren Einfluss auf die Stiftungsverfassung neu regeln. Ein Austausch des Stiftungszweckes ist möglich, wenn der bisherige Stiftungszweck nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllt werden kann.

Sonstige Änderungen des Zwecks oder prägender Bestimmungen sind möglich, wenn sich die Verhältnisse der Stiftung wesentlich verändert haben und die Änderung erforderlich ist, um die Stiftung an die veränderten Verhältnisse anzupassen.

Zu guter Letzt können Satzungsbestimmungen geändert werden, wenn dies der Erfüllung des Stiftungszwecks dient. Der Stifter kann die Möglichkeit von Satzungsänderungen in der Errichtungssatzung ausschließen oder beschränken.

Ebenfalls eine Neuregelung hat in den §§ 86a ff BGB die Beendigung von Stiftungen in Form der Auflösung durch das zuständige Organ, die Stiftungsaufsicht oder die Zu- und Zusammenlegung von Stiftungen erfahren. Auch hier bestehen für den Stifter (begrenzte) Gestaltungsspielräume.

Eine notarielle Beurkundung des Stiftungsgeschäfts ist weiterhin nicht erforderlich.

Was bringt das Öffentliche Stiftungsregister?

Zum 1. Januar 2026 wird ein bundeseinheitliches Stiftungsregister eingeführt. Das Bundesamt für Justiz führt das Register, in dem sich alle Stiftungen bis zum 31.12.2026  anmelden müssen. Das Register ist grundsätzlich öffentlich, solange dem kein berechtigtes Interesse entgegensteht. Das Register ist dem Handels- und Vereinsregister nachgebildet und soll eine vergleichbare Publizitätswirkung entfalten.

Unsere Einschätzung

Wir begrüßen Rechtsklarheit, die durch die Neufassung herrscht.  In der Vergangenheit schränkten länderspezifische Vorschriften und Auslegungspraktiken die Flexibilität von Stiftungen ein und führten zu Rechtsunsicherheit. Diese dürfte nun größtenteils der Vergangenheit angehören.

Neustiftungen müssen die bevorstehende Änderung der Rechtslage bereits bei ihrer Errichtung beachten und entscheiden, ob sie diese von vornherein oder erst durch spätere Satzungsänderung berücksichtigen werden.

Bei bestehenden Stiftungen sorgt die Rechtsvereinheitlichung für Handlungsbedarf. Das betrifft vorwiegend die Stiftungssatzung. Das neue Stiftungsrecht gewährt ein erhebliches Maß an Gestaltungsfreiheit, von dem Sie Gebrauch machen sollten. Das gilt für die Gestaltung der Haftung der Organmitglieder und für erleichterte Satzungsänderungen. Es gibt aber auch zwingende Regelungen, die Sie umsetzen sollten.

Die Profis aus unserem Stiftungsteam steht Ihnen mit Rat und Tat zur Seite.

Jens Bühner

Partner, Rechtsanwalt, LL.M., Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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