
7. April 2025
Verkauf oder Aufgabe einer Arztpraxis: Was Sie als Arzt oder Ärztin steuerlich beachten müssen
Inhaltsverzeichnis
- Verkauf oder Aufgabe einer Arztpraxis: Was Sie als Arzt oder Ärztin steuerlich beachten müssen
- Wie werden Veräußerungsgewinn beziehungsweise Aufgabegewinn ermittelt?
- Verkauf oder Aufgabe einer Arztpraxis: Welche Voraussetzungen gelten für den Veräußerungsfreibetrag (§ 16 Abs. 4 EStG)
- „Halber Steuersatz“: An welche Voraussetzungen ist die Steuertarif-Ermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG gebunden?
- Was bringt die „Fünftel-Regelung“?
- Was bezwecken Veräußerungsfreibetrag und Steuertarif-Ermäßigung?
- Veräußerungsfreibetrag und Steuertarif-Ermäßigung: Worauf gilt es zu achten?
- Ist nach Verkauf oder Aufgabe einer Arztpraxis eine spätere Tätigkeit im medizinischen Bereich möglich?
- Unsere Einschätzung: Vorausschauend planen und beraten lassen
Unser Blogbeitrag dreht sich um die Aufgabe beziehungsweise Veräußerung einer Arztpraxis. Hier erfahren Sie, welche steuerlichen Vorteile es unter bestimmten Voraussetzungen gibt und was Sie als Arzt oder Ärztin beim Verkauf oder der Aufgabe Ihrer Praxis beachten müssen.
Verkauf oder Aufgabe einer Arztpraxis: Was Sie als Arzt oder Ärztin steuerlich beachten müssen
Eine Praxisveräußerung kann viele Gründe haben: fortgeschrittenes Alter des Praxisinhabers oder der -inhaberin, Krankheit oder ein Umzug aus privaten Gründen. Wenn sich in der Familie oder der Region kein geeigneter Nachfolger bzw. eine Nachfolgerin findet, kann es vorkommen, dass eine Praxis geschlossen wird. Dabei findet kein Verkauf statt. In unserem Blogbeitrag haben wir uns mit der Praxisaufgabe beziehungsweise der Veräußerung genauer auseinandergesetzt. Hier erfahren Sie, welche steuerlichen Vorteile es unter bestimmten Voraussetzungen gibt und was Sie als Arzt oder Ärztin beim Verkauf oder der Aufgabe ihrer Praxis beachten müssen.
Wie werden Veräußerungsgewinn beziehungsweise Aufgabegewinn ermittelt?
Der Veräußerungsgewinn ermittelt sich gemäß §16 Absatz Abs. 2 Einkommenssteuergesetz (EStG) in Verbindung mit Paragraph 18 Abs. 3 EStG§ 18 Abs. 3 EStG wie folgt:
Veräußerungspreis
– Wert des Betriebsvermögens
– eventuelle Veräußerungskosten
= Veräußerungsgewinn/-verlust
Der Aufgabegewinn nach § 16 Abs. 3 S. 1 EStG in Verbindung mit § 18 Abs. 3 EStG wird wie folgt ermittelt:
Gemeiner Wert der ins Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter
– Wert des Betriebsvermögens
– eventueller Kosten im Zusammenhang mit der Praxisaufgabe
= Aufgabegewinn/-verlust
Ergibt sich beim Praxisverkauf ein Verlust, kann dieser mit anderen positiven Einkünften wie beispielsweise aus Vermietung und Verpachtung verrechnet werden.
Verkauf oder Aufgabe einer Arztpraxis: Welche Voraussetzungen gelten für den Veräußerungsfreibetrag (§ 16 Abs. 4 EStG)
Der Veräußerungsgewinn im Sinne des § 18 Absatz 3 EStG ist unter bestimmten Voraussetzungen bis zu einer Höhe von 45.000,00 Euro (Veräußerungsfreibetrag) steuerfrei.
Der Veräußerungsfreibetrag ist in § 16 Abs. 4 EStG geregelt und an folgende Voraussetzungen zum Zeitpunkt des wirtschaftlichen Übergangs der Praxis geknüpft:
- Der Praxisinhaber oder die Praxisinhaberin hat das 55. Lebensjahr vollendet oder
- ist wegen dauernder Berufsunfähigkeit nicht in der Lage, die Praxis fortzuführen.
Da es sich um einen Freibetrag handelt, ist ein gegebenenfalls überschreitender Betrag steuerpflichtig.
Beispiel:
Veräußerungsgewinn 75.000,00 Euro
– Freibetrag 45.000,00 Euro
= steuerpflichtige Einkünfte 30.000,00 Euro
Bis zu einem Karenzbetrag in Höhe von 136.000,00 Euro wird der Freibetrag sukzessive abgeschmolzen. Dies bedeutet, dass es ab einem Veräußerungsgewinn in Höhe von 181.001,00 Euro keinen Veräußerungsfreibetrag mehr gibt.
Der Freibetrag wird Ihnen nur einmal im Leben gewährt. Sie müssen ihn ausdrücklich beim Finanzamt im Rahmen der Einkommensteuererklärung beantragen.
„Halber Steuersatz“: An welche Voraussetzungen ist die Steuertarif-Ermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG gebunden?
Für den Freibetrag gegebenenfalls übersteigenden Betrag kann zusätzlich eine Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG beantragt werden.
In diesem Fall wird der übersteigende Veräußerungsgewinn nicht mit dem „normalen“ persönlichen Steuersatz, sondern mit einem ermäßigten Steuersatz von 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes (mindestens jedoch mit 14 %) versteuert.
Umgangssprachlich ist diese Ermäßigung auch als „halber Steuersatz“ bekannt. Sie wird bis zu einem Betrag von maximal fünf Millionen Euro gewährt. Die Ermäßigung müssen Sie ebenfalls aktiv im Rahmen der Einkommensteuererklärung beantragen. Auch dieser Antrag wird Ihnen nur einmal im Leben gewährt.
Die Steuertarif-Ermäßigung ist an folgende Voraussetzungen gebunden:
- Der Praxisinhaber oder die Praxisinhaberin hat das 55. Lebensjahr vollendet oder
- ist wegen dauernder Berufsunfähigkeit nicht in der Lage, die Praxis fortzuführen.
Was bringt die „Fünftel-Regelung“?
Alternativ kann gemäß § 34 Absatz 1 EStG auch die sogenannte „Fünftel-Regelung“ – Verteilung eines einmaligen steuerlichen Einkommens auf fiktiv fünf Jahre – beantragt werden, da es sich beim Veräußerungsgewinn um außerordentliche Einkünfte handelt. Allerdings wirkt sich die Fünftel-Regelung in vielen Fällen steuerlich nicht aus.
Was bezwecken Veräußerungsfreibetrag und Steuertarif-Ermäßigung?
Sowohl der Veräußerungsfreibetrag als auch die Steuertarif-Ermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG sollen dazu beitragen, dass Sie den durch die Praxisveräußerung erzielten Verkaufspreis für Ihre Altersabsicherung verwenden können.
Beide Begünstigungen können Sie unabhängig voneinander beantragen. Liegt der Veräußerungsgewinn beispielsweise bei 250.000,00 Euro, greift zwar nicht mehr der Veräußerungsfreibetrag. Dennoch können Sie den „halben Steuersatz“ beantragen.
Veräußerungsfreibetrag und Steuertarif-Ermäßigung: Worauf gilt es zu achten?
Was Sie beim Veräußerungsfreibetrag und der Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG beachten müssen:
- Die endgültige Einstellung der Tätigkeit
- Die Veräußerung sämtlicher wesentlicher Praxisgrundlagen (Praxisräume, Vertragsarztzulassung, Patientenstamm etc.) und im Falle einer Praxisaufgabe die Überführung ins Privatvermögen.
Beachten Sie diese Punkte nicht, droht Ihnen eine rückwirkende Versagung des Veräußerungs-Freibetrags sowie der Steuertarif-Ermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG.
Sowohl die Beantragung des Veräußerungsfreibetrags als auch der Steuertarif-Ermäßigung sollte gut durchdacht werden, da die Antragstellung nur einmal im Leben erfolgen darf.
Ist nach Verkauf oder Aufgabe einer Arztpraxis eine spätere Tätigkeit im medizinischen Bereich möglich?
Nach erfolgter Praxisveräußerung beziehungsweise -aufgabe können Sie nach Ablauf einer gewissen Karenzzeit wieder eine freiberufliche Tätigkeit als Arzt oder Ärztin (bspw. in Form einer eigenen Praxis) aufnehmen. Wie lange diese Karenzzeit dauern muss, ist höchstrichterlich nicht geklärt und vom Einzelfall abhängig.
In Hinblick auf einen beantragten Veräußerungsfreibetrag und / oder eine beantragte Steuerermäßigung sind folgende Tätigkeiten nach erfolgter Praxisveräußerung/ -aufgabe nicht schädlich:
- Anstellungsverhältnis beim neuen Praxisinhaber beziehungsweise -inhaberin (beispielsweise überleitende Funktion).
- Ausübung einer geringen freiberuflichen Tätigkeit (Erzielung von weniger als zehn Prozent der zuvor erzielten Umsätze; auch die Behandlung von neuen Patienten ist unschädlich).
- Ausübung einer anderen freiberuflichen, nicht mehr praktizierenden Tätigkeit (bspw. Anfertigung von Gutachten).
Somit schließt eine Praxisveräußerung oder Praxisaufgabe, verbunden mit der Beantragung eines Veräußerungsfreibetrags und / oder der Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG nicht unbedingt eine Wiederaufnahme der freiberuflichen Tätigkeit als Arzt oder Ärztin aus.
Unsere Einschätzung: Vorausschauend planen und beraten lassen
Eine Praxisaufgabe oder -veräußerung ist ein wichtiger Schritt, den Sie im Vorfeld gut durchdacht und insbesondere hinsichtlich steuerlicher Gesichtspunkte vorausschauend planen sollten. Dabei müssen Sie eine Vielzahl an Punkten beachten, um steuerliche Vorteile zu erhalten. Daher wenden Sie sich am besten rechtzeitig an einen Steuerberater oder eine Steuerberaterin.
Bei Fragen zu Ihrem Praxisverkauf oder Ihrer Praxisaufgabe stehen Ihnen unsere Expert:innen Stefanie Anders und Julia Brey zur Verfügung. Nehmen Sie jetzt gerne Kontakt auf.