18. Dezember 2024
Verlustverrechnung bei Termingeschäften und Forderungsausfällen: Einschränkungen aufgehoben – Was Anlegende wissen müssen
Inhaltsverzeichnis
- Verlustverrechnung bei Termingeschäften wird abgeschafft
- Steuerliche Besonderheiten bei Termingeschäften und Forderungsausfällen
- Verlustverrechnung bei Termingeschäften und Forderungsausfällen gesetzlich eingeschränkt
- Beschränkung der Verlustverrechnung als verfassungswidrig eingestuft
- Aufhebung der Beschränkung durch das Jahressteuergesetz 2024
- Anlegende profitieren von steuerlichen Erleichterungen
- Unsere Einschätzung: Keine steuerliche Benachteiligung mehr bei Termingeschäften und Forderungsausfällen
- Kontaktformular
Der Bundesfinanzhof hat die steuerliche Begrenzung der Verlustverrechnung bei Termingeschäften, die mit dem Jahressteuergesetz (JStG) 2020 eingeführt wurde, für verfassungswidrig erklärt. Die Regelung wird daraufhin rückwirkend geändert. Wir erläutern die Folgen für Anleger:innen.
Verlustverrechnung bei Termingeschäften wird abgeschafft
Die steuerliche Behandlung von Verlusten aus Termingeschäften und Forderungsausfällen im Privatvermögen sorgte in den letzten Jahren für erhebliche Diskussionen. Seit 2020 bzw. 2021 galt eine Beschränkung der Verlustverrechnung durch § 20 Abs. 6 Satz 5 und 6 EStG dem Grunde und der Höhe nach. Aufgrund anhaltender Kritik und rechtlicher Auseinandersetzungen hat der Gesetzgeber nun entschieden, diese Regelung abzuschaffen und somit die steuerlich nachteilige Behandlung wieder aufzuheben.
Wenn Sie mehr über die rechtlichen Herausforderungen und die Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Verfassungsmäßigkeit der Verlustverrechnungsbeschränkungen erfahren möchten, lesen Sie unseren Beitrag “Herausforderungen bei der Verlustverrechnung in Termingeschäften: Verfassungsmäßigkeit in Frage gestellt.”
Steuerliche Besonderheiten bei Termingeschäften und Forderungsausfällen
Unter Termingeschäften versteht man Finanzgeschäfte, bei denen die Erfüllung erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfindet. Dies sind Spekulationen auf die Kursentwicklung von Aktien, Währungen, Rohstoffen oder anderen Basiswerten. Dazu gehören beispielsweise Futures, Optionen oder Differenzkontrakte (CFDs).
Zu Forderungsausfällen zählen insbesondere Verluste aus einem Vermögensverfall bei privaten Kapitaleinnahmen.
Gewinne und Verluste aus diesen Geschäften werden steuerlich als Einkünfte aus Kapitalvermögen behandelt und unterliegen grundsätzlich der Abgeltungsteuer von 25 % zuzüglich 5,5 % Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer.
Verlustverrechnung bei Termingeschäften und Forderungsausfällen gesetzlich eingeschränkt
Im Jahr 2020 wurden für Forderungsausfälle und im Jahr 2021 für Termingeschäfte Verlustverrechnungsbeschränkungen gemäß § 20 Abs. 6 Satz 5 und 6 Einkommensteuergesetz (EStG) eingeführt. Danach konnten Verluste aus Termingeschäften nur noch mit Gewinnen aus Termingeschäften verrechnet werden, nicht mehr mit anderen Kapitaleinkünften. Darüber hinaus wurde die Verlustverrechnung auf einen Betrag von zunächst 10.000, später dann 20.000 Euro jährlich beschränkt.
Nicht verrechnete Verluste konnten in spätere Jahre vorgetragen werden, unterlagen jedoch weiterhin der Verlustverrechnungsbeschränkung dem Grunde und der Höhe nach. Diese Regelung sollte nach Gesetzesbegründung spekulative Termingeschäfte eindämmen und Anleger somit vor übermäßigem Risiko schützen.
Beschränkung der Verlustverrechnung als verfassungswidrig eingestuft
Die Regelungen wurden von Steuerexperten, Gerichten und Anlegern stark kritisiert. Sie führten in der Praxis zu einer asymmetrischen Besteuerung: Gewinne wurden sofort voll versteuert, während Verluste oft nicht vollständig geltend gemacht werden konnten. Dies widerspricht dem objektiven Nettoprinzip, das sicherstellen soll, dass nur der tatsächliche wirtschaftliche Gewinn einer Besteuerung unterliegt.
Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz und der Bundesfinanzhof (BFH) äußerten erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung. Als besonders problematisch wurde angesehen, dass Steuerpflichtige trotz eines negativen Gesamtertrags aus Termingeschäften eine Steuerlast tragen mussten. Das verstößt gegen den Gleichheitssatz aus Artikel 3 des Grundgesetzes und stellt damit eine Verfassungswidrigkeit dar. Zuletzt ist daher in dieser Angelegenheit ein Musterverfahren vor dem BFH unter dem Aktenzeichen VIII R 11/24 anhängig.
Aufhebung der Beschränkung durch das Jahressteuergesetz 2024
Es zeigte Wirkung, dass Rechtsprechung und Fachwelt wiederholt auf die Unvereinbarkeit der Beschränkung mit verfassungsrechtlichen Grundsätzen hingewiesen hatten. Im Sommer 2024 entschied der Gesetzgeber, die umstrittene Regelung mit dem Jahressteuergesetz 2024 aufzuheben. Die Rücknahme der bisherigen Beschränkungen soll nun in allen offenen Fällen gelten.
Ausschlaggebend war neben den verfassungsrechtlichen Bedenken die Feststellung, dass der Gesetzgeber keine rechtliche Grundlage hat, Anlegende durch steuerliche Beschränkungen vor spekulativen Geschäften zu schützen. Diese Aufgabe obliegt der Finanzaufsicht und nicht dem Steuerrecht.
Anlegende profitieren von steuerlichen Erleichterungen
Die Abschaffung der Verlustverrechnungsbeschränkungen hat mehrere wesentliche Konsequenzen:
- Umfangreichere Verlustverrechnungsmöglichkeiten: Anlegende können Verluste aus Termingeschäften wieder vollständig mit anderen Gewinnen aus Kapitalvermögen verrechnen. Dadurch reduzieren sich Nachforderungen oder es ergeben sich Steuererstattungen.
- Gleichbehandlung von Gewinnen und Verlusten: Die Steuerlast orientiert sich wieder stärker an der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Anlegenden.
- Erhöhte Planungssicherheit: Ohne die Beschränkungen können Anlegende ihre Investments strategischer gestalten, da Gewinne und Verluste gleichwertig behandelt werden.
Es ist ratsam, frühzeitig steuerliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um bestehende Steuerbescheide überprüfen und mögliche Ansprüche geltend machen zu können.
Unsere Einschätzung: Keine steuerliche Benachteiligung mehr bei Termingeschäften und Forderungsausfällen
Die Abschaffung der Verlustverrechnungsbeschränkung markiert einen wichtigen Schritt hin zu mehr Steuergerechtigkeit und Verfassungsmäßigkeit bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Die steuerrechtlichen Änderungen verdeutlichen, dass steuerliche Regelungen nicht dazu verwendet werden sollten, bestimmte Kapitalmarktprodukte durch steuerrechtliche Sanktionierung schlechter zu stellen oder das Anlageverhalten von Investor:innen beeinflussen zu wollen. Anlegende können ihre Investitionen in Termingeschäfte jetzt wieder tätigen, ohne mit einer steuerlichen Benachteiligung rechnen zu müssen.
Dennoch ist es wichtig, die Entwicklungen in der Gesetzgebung und Rechtsprechung im Auge zu behalten. Nur so kann man zukünftige Änderungen frühzeitig erkennen und entsprechend reagieren. Sollten Sie in den vergangenen Jahren Verluste innerhalb der Schedule der Kapitaleinkünfte erlitten haben, die Sie aufgrund der Beschränkung nicht verrechnen konnten, empfehlen wir eine Prüfung, ob die zugrundeliegenden Bescheide noch änderbar sind.
Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich vertrauensvoll an Steuerberater Raphael Niederstraßer oder Steuerassistent Peter Beckermann.