Vorsteuerabzug erfordert formelle Rechnung - Zettel, Stifte, zerknülltes Papier
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1. Oktober 2025

BFH klärt: Vorsteuerabzug erfordert formelle Rechnung – keine Rückwirkung, wenn ursprüngliche Rechnung nicht die Schriftform erfüllte

Kategorien: Steuerberatung

Inhaltsverzeichnis

Ein aktueller Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. Mai 2025 sorgt für Klarheit bei der Frage, wann ein Dokument überhaupt als „Rechnung“ gilt und unter welchen Voraussetzungen der Vorsteuerabzug geltend gemacht werden kann. Am 30. Mai 2025 entschied der Bundesfinanzhof (Az. V B 61/23), dass die nachträgliche „Korrektur“ einer ursprünglich nicht rechnungskonformen EDI‑Rechnung nicht als Berichtigung, sondern als neue Rechnung gilt. Dadurch entsteht der Anspruch auf Vorsteuerabzug erst zum Zeitpunkt der Ausstellung der neuen Rechnung und nicht rückwirkend. 

BFH-Beschluss: Warum die Entscheidung für den Vorsteuerabzug wichtig ist 

Eine Rechnung im umsatzsteuerlichen Sinne ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird (vgl. § 14 Abs. 1 S. 1 UStG). Im Mehrwertsteuersystem dient die Rechnung in erster Linie der Überwälzung der Steuer innerhalb der Unternehmerkette, also zur Entlastung des unternehmerischen Leistungsempfängers von der ihm berechneten Steuer durch den Vorsteuerabzug.  Die Rechnung entfaltet ihre umsatzsteuerliche Wirksamkeit, wenn sie der Aussteller in den Verkehr bringt (begibt).  

Für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG spielt die Rechnung eine zentrale Rolle. Die Rechnung muss bestimmte inhaltliche Angaben enthalten, z. B. die ausstellende Person, Leistungsempfänger:in, Leistungsbeschreibung, Entgelt und den Umsatzsteuerbetrag. Die notwendigen Rechnungsangaben zählt § 14 Abs. 4 UStG auf. Wenn diese Angaben fehlen, liegt keine ordnungsgemäße Rechnung vor. Da der Vorsteuerabzug erst möglich ist, sobald die Steuerpflichtige oder der Steuerpflichtige im Besitz einer Rechnung ist, stellt sich die Frage, wann der Steuerpflichtigen oder dem Steuerpflichtigen eine hierfür ausreichende Rechnung zugegangen ist. 

Im vorliegenden Fall hatte ein Unternehmen (Klägerin) via EDI-Verfahren Rechnungen übermittelt, die zwar die wesentlichen inhaltlichen Angaben enthielten, aber nicht die im Streitjahr 1999 erforderliche Schriftform erfüllten. Später reichte das Unternehmen eine korrigierte Rechnung nach. Die Klägerin hatte sich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) berufen, wonach Berichtigungen grundsätzlich rückwirkend wirken können. Der BFH stellte klar: Ein Dokument, das damals nicht den gesetzlichen Schriftformerfordernissen entsprach, gilt nicht als „Rechnung“. Eine spätere Ergänzung eines solchen Dokuments stellt daher keine Berichtigung, sondern eine erstmalige Rechnungserteilung dar. Eine solche neue Rechnung entfaltet keine Rückwirkung. Dies hat zur Folge hat, dass der Vorsteuerabzug erst im neuen Abrechnungszeitraum entsteht. 

Rechnungen: Praktische Tipps für den sicheren Vorsteuerabzug 

Das BFH-Urteil verdeutlicht: Ohne eine ordnungsgemäße Rechnung besteht kein Anspruch auf Vorsteuerabzug. Unternehmen sollten daher großen Wert auf die korrekte Ausstellung von Rechnungen legen – insbesondere in Bezug auf Pflichtangaben und zulässige Übermittlungsformate. Führen Sie einen internen Prozess bzw. Workflow ein, der Eingangsrechnungen gezielt auf formelle und inhaltliche Mängel prüft und Korrekturen zeitnah sicherstellt: 

  • Prüfung der Rechnungen, insbesondere auf Formerfordernisse und Vollständigkeit: Prüfen Sie regelmäßig, ob die erhaltenen Rechnungen den gesetzlichen Vorgaben entsprechen, insbesondere Schriftform, Signatur und digitale Übermittlungswege. Fehlt etwas, lassen Sie rechtzeitig eine berichtigte Rechnung erstellen – und zwar mit Datum und Ausstellungszeitpunkt im relevanten Voranmeldungs-Zeitraum. 
  • Abgrenzung Berichtigung vs. Erst‑Rechnung: Nur echte Rechnungsberichtigungen, die form‑ und fristgerecht erfolgen, werden rückwirkend anerkannt. Andernfalls hilft nur ein vollständiger Neu–Beleg. 
  • Neu ausgestellte Rechnungen ermöglichen keinen rückwirkenden Vorsteuerabzug 
  • Eine korrigierte Rechnung wird üblicherweise als neue Rechnung angesehen – der Vorsteuerabzug ist erst ab diesem Zeitpunkt möglich. Nur bei “kleinen” Fehlern ist ein rückwirkender Vorsteuerabzug möglich. 

Vorsteuerabzug nur mit formgerechter Rechnung: Unsere Einschätzung 

Das Urteil macht klar: Steuerpflichtige müssen die formellen Anforderungen im Blick behalten – sonst drohen Nachteile beim Vorsteuerabzug. 

„Der BFH setzt mit diesem Beschluss einen klaren Rahmen: Nur weil inhaltlich alles stimmt, reicht das noch nicht notwendigerweise für den Vorsteuerabzug.“ 

Die Entscheidung signalisiert Unternehmen, das formelle Rechnungsanforderungen ernstgenommen werden müssen – insbesondere bei elektronisch übermittelten Rechnungen. Wer es versäumt, eine ordnungsgemäße Rechnung im richtigen Zeitraum vorzulegen, verliert möglicherweise den Anspruch auf Vorsteuerabzug und damit drohen finanzielle Nachteile. Eine professionelle Buchhaltungsorganisation und konkrete Festlegungen für die Rechnungseingangskontrolle werden damit unverzichtbar. Wenn Sie Fragen zum Thema haben, wenden Sie sich vertrauensvoll an unsere Steuerberater Marcus Sauer, Tino Wunderlich, Sebastian Raphael Vogt oder Marius Bensmann. 

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