
4. August 2025
SG München: MVZ ohne ärztliche Leitung verliert Honorar
Inhaltsverzeichnis
- Ärztliche Leitung im MVZ: Gesetzliche Anforderungen im Überblick
- MVZ ohne medizinische Leitung – ist das erlaubt?
- Was geschah im konkreten MVZ-Fall?
- Das Urteil: Was das Sozialgericht entschied
- MVZ ohne ärztliche Leitung: Was bei der Honorarabrechnung zu beachten ist
- Rechtsprechung zur MVZ-Abrechnung ohne ärztliche Leitung
- Unsere Einschätzung: Was MVZ jetzt tun sollten, um Honoraransprüche zu sichern
- Kontaktformular
Das Sozialgericht München entschied über ein MVZ, das vorübergehend keine ärztliche Leitung, aber eine Zulassung hatte. Der Fall zeigt, wie schnell ein MVZ den Honoraranspruch verlieren kann. Es ging um die Frage, ob trotz fehlender Leitung ein Anspruch auf volles Honorar besteht oder die rechtliche Grundlage für die Abrechnung entfiel.
Ärztliche Leitung im MVZ: Gesetzliche Anforderungen im Überblick
Jedes (zahn-)ärztliche Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) muss von einer (zahnärztlichen) Leitung geführt werden. Zu den Aufgaben der ärztlichen Leitung im MVZ gehört insbesondere die Kontrolle der Abrechnung und die medizinisch-fachliche Aufsicht.
MVZ ohne medizinische Leitung – ist das erlaubt?
Die (zahnärztliche) Leitung eines MVZ muss selbst in dem MVZ als angestellte:r (Zahn-)Ärzt:in oder als Vertragsärzt:in tätig sein. Dies ist in § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V geregelt. Sie bzw. er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei.
Daraus folgt, dass medizinische Versorgungszentren immer von Menschen geführt werden müssen, die selbst als Mediziner:innen tätig sind.
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Was geschah im konkreten MVZ-Fall?
Im zugrunde liegenden Fall kam es zu einem rechtlichen Wechsel der zahnärztlichen Leitung eines MVZ. Die bisherige zahnärztliche MVZ-Leiterin musste ihre Tätigkeit am 29.07.2021 aufgrund eines Beschäftigungsverbots einstellen.
Eine entsprechende Mitteilung an den Zulassungsausschuss Zahnärzte erfolgte erst drei Monate später im Oktober 2021. Ab dem 25.11.2021 übernahm eine dort angestellte Zahnärztin die zahnärztliche Leitung des MVZ. Der entsprechende Beschluss hierüber wurde im November 2021 getroffen.
Rein faktisch gab es somit in der Zeit zwischen Ende Juli 2021 bis Ende November 2021 keine zahnärztliche Leitung in dem MVZ.
Die Klägerin, ein Krankenkassenverband, beantragte daraufhin gegenüber der zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung eine sachlich-rechnerische Berichtigung aller durch das MVZ im Zeitraum vom 29.07.2021 bis 25.11.2021 erbrachten zahnärztlichen Leistungen. Zur Begründung führte die Klägerin an, dass das MVZ während dieses Zeitraums keine zahnärztliche Leitung hatte.
Die Kassenzahnärztliche Vereinigung lehnte dies ab, da das zahnärztliche MVZ in diesem Zeitraum eine bestandskräftige Zulassung hatte.
Hiergegen legte der Krankenkassenverband Klage beim Sozialgericht ein. Der Honoraranspruch des MVZ stand somit auf dem Spiel – mit weitreichenden Folgen für die rechtliche Abrechnung von Leistungen ohne ärztliche Leitung.
Das Urteil: Was das Sozialgericht entschied
Das Sozialgericht München urteilte am 29.02.2024 (Az. S 49 KA 5037/23), dass während des Zeitraums ohne zahnärztliche Leitung des MVZ ein Verstoß gegen § 95 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB V vorliegt.
Das MVZ führte zwar aus, dass die ehemalige zahnärztliche Leiterin zum 29.07.2021 nur ihre zahnärztliche Tätigkeit einstellte, aber weiterhin als Ansprechpartnerin in Bezug auf organisatorische Fragestellungen zur Verfügung stand. Dies sei jedoch laut Auffassung des SG München nicht ausreichend, um die gesetzliche Anforderung an eine (zahn-)ärztliche Leitung zu erfüllen.
Die im betreffenden Zeitraum durch das MVZ erbrachten und abgerechneten Leistungen wurden nicht rechtmäßig erbracht, da in den vier Monaten keine zahnärztliche Leitung existierte. Somit hatte das Zahnärzte-MVZ für den betreffenden Zeitraum keinen Honoraranspruch.
MVZ ohne ärztliche Leitung: Was bei der Honorarabrechnung zu beachten ist
Es muss sichergestellt sein, dass jede Leitung eines (Zahnärzte-)MVZ eine Stellvertretung hat. Dies dürfte in der Praxis jedoch gar nicht immer so einfach sein.
Zudem müssen (vorübergehende) Leitungswechsel umgehend angezeigt werden. Andernfalls ist die Honorarabrechnung im MVZ gefährdet – bis hin zum vollständigen Verlust des Honoraranspruchs.
Die MVZ-Abrechnung ist rechtlich nur bei durchgängiger ärztlicher Leitung zulässig.
Rechtsprechung zur MVZ-Abrechnung ohne ärztliche Leitung
Das Urteil des SG München führt die zuletzt sehr strenge Rechtsprechung in Hinblick auf die (zahn-)ärztliche Leitung eines MVZ fort. Das Bundessozialgericht (BSG) urteilte am 13.12.2023 (Az: B 6 KA 15/22 R), dass die fehlende Unterschrift einer MZV-Leitung zur Versagung des Honoraranspruchs führt.
Unsere Einschätzung: Was MVZ jetzt tun sollten, um Honoraransprüche zu sichern
Die Entscheidung zeigt deutlich: Die Honorarabrechnung eines MVZ steht und fällt mit einer durchgängig besetzten ärztlichen Leitung. Erbringt ein MVZ-Leistungen ohne (zahn-)ärztliche Leitung, führt dies zu einer sachlich-rechnerischen Berichtigung und kann einen vollständigen Honorarverlust zur Folge haben.
Achten Sie unbedingt darauf, dass Ihr MVZ eine durchgängig besetzte (zahn-)ärztliche Leitung hat.
Haben Sie Fragen zum Thema ärztliche Leitung eines MVZ und Honoraransprüche oder möchten Sie sich beraten lassen? Unsere Expertin Steffi Anders unterstützt Sie gerne – nehmen Sie einfach Kontakt auf.