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15. August 2025

Gewerbesteuerliche Zurechnung von Veräußerungsgewinnen bei doppelstöckigen Personengesellschaften – BFH schafft Klarheit 

Kategorien: Steuerberatung

Die zutreffende gewerbesteuerliche Behandlung von Veräußerungsgewinnen bei doppelstöckigen Personengesellschaften war längere Zeit nicht eindeutig. Das Augenmerk lag auf der Frage, auf welcher Ebene – Ober- oder Untergesellschaft – der Gewinn gewerbesteuerlich erfasst wird und inwiefern Befreiungs- und Kürzungsregelungen greifen.  

Mit dem Urteil vom 8. Mai 2025 (Aktenzeichen IV R 40/22) sowie dem Teilurteil IV R 9/23 zu ähnlichen Fragen hat der Bundesfinanzhof (BFH) diese Fragen jetzt eindeutig geklärt.  


Was ist eine doppelstöckige Personengesellschaft?  

Doppelstöckige Personengesellschaften sind in der Praxis keine Seltenheit. Häufig werden sie in der Vermögensverwaltung, im Immobilienbereich oder bei Familiengesellschaften eingesetzt. Eine Obergesellschaft – meist eine Kommanditgesellschaft (KG) oder GmbH & Co. KG – hält dabei eine (100%-ige) Beteiligung an einer oder mehreren Untergesellschaften – ebenfalls meist eine KG oder GmbH & Co. KG – , die ihrerseits operative Tätigkeiten ausüben oder Immobilienbesitz verwalten.  

Wie wirkt sich eine Anteilsveräußerung auf die Gewerbesteuer einer Personengesellschaft aus?  

Wird ein Anteil an der Unter- oder Obergesellschaft veräußert, stellt sich die Frage, welcher Gesellschaft der dabei entstehende Gewinn für gewerbesteuerliche Zwecke zuzurechnen ist – oder ob er anteilig auf die verschiedenen Beteiligungsebenen verteilt wird. Dies auch insbesondere im Hinblick auf Befreiungs- und Kürzungsvorschriften nach §§ 3 und9 Gewerbesteuergesetz (GewStG).  

Wann sind Gewinne aus der Veräußerung der jeweiligen Personengesellschaft zuzurechnen? 

Gewerbliche Personengesellschaften sind nach § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG Steuerschuldner für die Gewerbesteuer. Dies ist somit auch bei der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen der Fall. Grundsätzlich unterliegen Veräußerungsgewinne aus Anteilsveräußerungen der Gewerbesteuer.  

Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an der jeweiligen Personengesellschaft sind der Gesellschaft selbst als Steuersubjekt zuzurechnen. Dies gilt, wenn der Gewinn nicht auf natürliche Personen als unmittelbar beteiligte Mitunternehmer entfällt, § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG.   

Was sind die Folgen bei Veräußerung der Anteile an der Untergesellschaft? 

Hält eine Personengesellschaft als Obergesellschaft Anteile an einer anderen Personengesellschaft, gilt es gewerbesteuerlich zwischen dem Verkauf von Anteilen an der Untergesellschaft und an der Obergesellschaft zu unterscheiden.   

Werden Anteile an der Untergesellschaft veräußert, schuldet die Untergesellschaft die Gewerbesteuer auf den Veräußerungsgewinn, da maximal eine mittelbare Beteiligung natürlicher Personen vorliegt. Der entsprechende Gewinn wird auf Ebene der Obergesellschaft gemäß § 9 Nr. 2 Satz 1 GewStG aus dem Gewerbeertrag wieder herausgerechnet, sofern er im Gewinn enthalten ist, um eine doppelte Besteuerung mit Gewerbesteuer zu vermeiden.   


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Welche Folgen hat die Veräußerung der Anteile an der Obergesellschaft? 

Bei der Anteilsveräußerung von Anteilen an der Obergesellschaft durch eine Kapitalgesellschaft oder Personengesellschaft ist der Vorgang nach § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG stets gewerbesteuerpflichtig. Der Kaufpreis beinhaltet dabei die stillen Reserven der Ober- und Untergesellschaft.  

Daher stellt sich die Frage, ob die Gewerbesteuer auf beide Gesellschaften – etwa anteilig entsprechend dem Verhältnis der stillen Reserven zum Gesamtwert – verteilt wird und somit auf beiden Ebenen geschuldet ist (sog. „Durchstockung“). Dies wäre zum Beispiel vorteilhaft für die Inanspruchnahme von etwaigen Steuerbefreiungen nach § 3 GewStG oder durch die doppelte Nutzung des Freibetrages nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG.  

Gewerbesteuerbefreiung bei Anteilsveräußerung: Welche Frage musste der BFH klären? 

In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt war eine Kommanditgesellschaft (Obergesellschaft) an mehreren Krankenhausgesellschaften (Untergesellschaften) beteiligt. Diese Krankenhausgesellschaften erzielten Einkünfte, die aufgrund ihrer Tätigkeit teilweise von der Gewerbesteuer befreit waren (§3 Nr.20 Buchst.b GewStG).  

Aufgrund einer vorgelagerten Umstrukturierung kam es zu einem Einbringungsgewinn I (§ 22 Abs. 1 UmwStG). Der Einbringungsgewinn steht einer Veräußerung der Anteile im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gleich.  Fraglich war, ob dieser Gewinn auf Ebene der Obergesellschaft vollständig der Gewerbesteuer unterliegt. Oder ob er teilweise begünstigt ist, etwa weil ein Großteil des Gewinnes auf stillen Reserven in den Krankenhausgesellschaften zurückzuführen war, die ihrerseits der Gewerbesteuerbefreiung des § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG unterliegen.  

Die Entscheidung des BFH: Einheitliches Zurechnungsprinzip statt „Durstockung“ 

Der BFH entschied eindeutig: Bei doppelstöckigen Strukturen wird der Veräußerungsgewinn resultierend aus Anteilen an der Obergesellschaft vollständig der Obergesellschaft zugeordnet – eine Zurechnung auf die Untergesellschaft findet nicht statt. Auch eine anteilige Aufteilung nach stillen Reserven ist ausgeschlossen.  

Damit folgt das Gericht einem einheitlichen Zurechnungsprinzip, das unabhängig von der Vermögensstruktur der Untergesellschaft greift und spricht sich gegen die sogenannte „Durchstockung“ aus, was im Übrigen mit der herrschenden Meinung in der Literatur übereinstimmt.   

Warum kommen weder eine Kürzung noch eine Steuerbefreiung zur Anwendung (§§ 9 Nr. 2 und 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG)? 

Auch eine Kürzung nach §9 Nr.2 GewStG sei nicht zulässig. Zwar mögen die stillen Reserven zum Teil in den Untergesellschaften entstanden sein, jedoch wurden keine Gewinne auf Ebene der Untergesellschaft erzielt– und nur für diese greift die Kürzungsvorschrift.  

Ebenso komme die Steuerbefreiung nach §3 Nr.20 Buchst.b GewStG nicht zur Anwendung. Die Begünstigung betrifft ausschließlich die unmittelbar tätigen Krankenhausgesellschaften – nicht jedoch die Obergesellschaft, die nur mittelbar beteiligt war. Steuerbefreiungen könnten lediglich von dem Steuersubjekt selbst in Anspruch genommen werden.  

Warum keine anteilige Zurechnung des Veräußerungs- oder Aufgabegewinns? 

Der Senat führt aus, dass § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG keine Anhaltspunkte für eine (anteilige) Zurechnung des Veräußerungs- oder Aufgabegewinns zum Gewerbebetrieb der Unterpersonengesellschaft enthalte. Da der Gesetzgeber den zivilrechtlich geprägten Begriff des „Anteils eines Gesellschafters“ – statt des „Mitunternehmeranteils“ verwende, spreche dies für einen einheitlichen Veräußerungsvorgang auf Ebene der Gesellschaft, deren Anteile veräußert werden.  

Sie planen eine Transaktion? Unsere Einschätzung, wie Sie vorgehen sollten

Für die steuerliche Gestaltungspraxis ist die Entscheidung von erheblicher Bedeutung. Sie schafft Klarheit bei der Strukturierung von Beteiligungen und deren Veräußerung in doppelstöckigen Gesellschaftsmodellen. Steuerpflichtige und Steuerberater:innen müssen künftig insbesondere folgende Aspekte berücksichtigen:  

Veräußerungsgewinne sind gewerbesteuerlich vollumfänglich bei der Gesellschaft zu erfassen, deren Anteile veräußert werden, auch wenn die stillen Reserven wirtschaftlich in der Untergesellschaft entstanden sind. Eine Kürzung des Gewerbeertrags über §9 Nr.2 GewStG kommt mangels anfallender Gewinne auf Ebene der Untergesellschaft nicht in Betracht.  

Auch Steuerbefreiungen, die auf Ebene der Untergesellschaft greifen – etwa im Fall gemeinnütziger Krankenhäuser – entfalten keine Wirkung auf den Veräußerungsgewinn der Obergesellschaft.   

Kontaktieren Sie im Vorfeld einer Transaktion frühzeitig Ihre:n Steuerberater:in, um zu prüfen, ob die vorhandene Struktur transaktionsfreundlich und steuergünstig ist oder eine entsprechende Struktur gestaltbar ist.   

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich vertrauensvoll an Steuerberater Raphael Niederstraßer oder Steuerassistent Peter Beckermann. Jetzt Kontakt aufnehmen. 

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