Gilt das Homeoffice als Betriebsstätte?
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26. April 2024

Gilt das Homeoffice als Betriebsstätte?

Kategorien: Steuerberatung

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 05.02.2024 eine Neufassung des Anwendungserlasses (AEAO) zu den Voraussetzungen für die Begründung einer Betriebsstätte (§ 12 AO) sowie dem Ort der Geschäftsleitung (§ 10 AO) erlassen. Der Ort der Geschäftsleitung und die Betriebsstätte dienen als Anknüpfungspunkte für die Besteuerung und können auch für im Ausland ansässige Unternehmen ein deutsches Besteuerungsrecht begründen. Das ist der Fall, wenn dessen Vertreter im Inland die Voraussetzungen für den Ort der Geschäftsleitung oder der Betriebsstätte erfüllen. Alles, was Sie über das Homeoffice als Ort der Betriebsstätte oder Geschäftsleitung wissen müssen, erfahren Sie hier.

Begründung einer Betriebsstätte

Der Gesetzgeber sieht eine Geschäftseinrichtung oder Anlage unter den folgenden Voraussetzungen als Betriebsstätte nach § 12 S. 1 AO an:

 Die Geschäftseinrichtung oder Anlage 

  • dient dem Unternehmen,
  • ist von einer gewissen Dauer,
  • hat eine feste Verbindung zur Erdoberfläche und
  • der/die Steuerpflichtige hat über diese nicht nur eine vorübergehende Verfügungsmacht.

Bei Begründung einer Betriebsstätte in einem Staat führt dies grundsätzlich zu einer Steuerpflicht in dem ausländischen Staat. Der Gewinn der Betriebsstätte ist im Rahmen einer eigenen Gewinnermittlung nach Fremdvergleichsgrundsätzen zu bestimmen und abzugrenzen. Der andere Staat nimmt die auf die Betriebsstätte entfallenden Einkünfte von der Besteuerung aus. 

Ausübung einer eigenen unternehmerischen Tätigkeit

Die genauen Voraussetzungen für die Begründung einer Betriebsstätte werden nun in AEAO zu § 12 AO näher definiert. Nach Auffassung der Finanzverwaltung erfordert das Bestehen einer Betriebsstätte Räumlichkeiten, in denen die unternehmerische Tätigkeit von einer gewissen Dauer ausgeübt wird. Aus der Tätigkeit des Unternehmens muss eine „Verwurzelung“ mit dem Ort der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit hervorgehen. 

Nicht ausreichend ist die tatsächliche Mitbenutzung von Räumlichkeiten oder die rein tatsächliche Nutzungsmöglichkeit. Hat das Unternehmen jedoch die tatsächliche Verfügungsmacht über die Räumlichkeiten, kann die bloße tatsächliche Nutzungsmöglichkeit für die Begründung einer Betriebsstätte ausreichen.

Begründung einer Betriebsstätte in den Räumlichkeiten eines Dritten

In den Räumlichkeiten eines Dritten, wie einem/einer 

  • Kund:in, 
  • Subunternehmer:in oder
  •  Geschäftsleiter:in, 

ist die Begründung einer Betriebsstätte möglich, wenn das Unternehmen eine Befugnis für die Mitbenutzung der Räumlichkeiten hat und Mitarbeiter:innen des Unternehmens dort auch tatsächlich arbeiten. Dasselbe gilt, wenn Arbeitnehmer:innen oder Subunternehmer:innen in den Räumlichkeiten tätig werden, die dem Unternehmen überlassen wurden.

Die Nutzungsbefugnis muss dabei nicht für einen bestimmten Raum vorliegen, sondern kann sich auf geeignete Räumlichkeiten oder Teilflächen eines Grundstückes beziehen. Unternehmer:innen müssen lediglich das Recht zur ständigen Nutzung der Räume oder Flächen besitzen.

Begründung der Betriebsstätte durch eine:n Auftragnehmer:in

Übertragen Unternehmer:innen Aufgaben auf eine:n selbstständig tätige:n Dritte:n, wird dadurch keine Betriebsstätte begründet. Etwas anderes gilt nur, wenn die Unternehmer:innen in den Räumlichkeiten des/der Auftragnehmer:in selbst eigene betriebliche Handlungen mit einer gewissen Nachhaltigkeit vornehmen. In diesem Fall wird keine tatsächliche Verfügungsmacht über die Räumlichkeiten benötigt.

Übt der/die Auftragnehmer:in die Geschäftsleitung aus, kann unabhängig von den vorgenannten Voraussetzungen auch eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte begründet werden.

Homeoffice-Betriebsstätte

Die Tätigkeit eines/einer regulären Arbeitnehmer:in im Homeoffice begründet nach Auffassung der Finanzverwaltung hingegen keine Betriebsstätte. Arbeitgeber:innen verfügen nicht über die ausreichende Verfügungsmacht über diese Räumlichkeiten. Dies gilt auch, wenn die Arbeitgeber:innen

  • die Kosten für das Homeoffice und dessen Ausstattung übernehmen;
  • mit den Arbeitnehmenden einen Mietvertrag über das häusliche Arbeitszimmer geschlossen haben, außer die Räume dürfen auch anderweitig genutzt werden;
  • den Arbeitnehmenden keinen anderen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen.

Werden jedoch im Homeoffice Leitungsfunktionen ausgeübt, kann etwas anderes gelten. 

Ort der Geschäftsleitung und Begründung einer Geschäftsleitungsbetriebsstätte

Der Ort der Geschäftsleitung im Sinne des § 10 AO  ist der Ort, an dem der für die Geschäftsleitung maßgebliche Wille gebildet und insbesondere das laufende Tagesgeschäft verwaltet wird. Maßgeblich sind dabei insbesondere die Aufgaben, die

  •  zur gewöhnlichen Verwaltung gehören, 
  • nicht relevant für die übergeordneten Entscheidungen sind und 
  • über die Ausrichtung des Unternehmens oder die grundsätzliche Unternehmenspolitik entscheiden.

Für die Begründung einer Betriebsstätte durch den Ort der Geschäftsleitung gelten jedoch noch andere Anforderungen. Eine feste Geschäftseinrichtung ist gemäß § 12 S. 2 Nr. 1 AO für die Begründung einer Geschäftsleitungsbetriebsstätte nicht zwingend erforderlich.

Durch die Tätigkeit eines/einer angestellten Manager:in kann beispielsweise auch in Räumlichkeiten Dritter oder im Homeoffice eine Betriebsstätte begründet werden, wenn dieser die Aufgaben der Geschäftsleitung wahrnimmt. Eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte kann – soweit keine anderen Räumlichkeiten vorhanden sind – auch in der Wohnung des/der Geschäftsleiter:in oder des/der Gewerbetreibenden begründet werden.

Unsere Einschätzung

Die Begründung einer Betriebsstätte ggf. auch durch den Ort der Geschäftsleitung kann von wesentlicher Bedeutung für die Steuerpflicht in einem Staat sein. Wird eine Betriebsstätte nicht erkannt, kann dies oft zu steuerstrafrechtlichen Implikationen führen, da ein Unternehmen seinen steuerlichen Registrierungs-, Melde- und Erklärungspflichten in einem Staat nicht nachgekommen ist. Zudem kann sich eine Doppelbesteuerungsproblematik ergeben, wenn die Bescheide des bisherigen Ansässigkeitsstaates nicht mehr geändert werden können.

Daher sollten Unternehmer:innen mit Geschäftstätigkeiten im Ausland das Risiko der Begründung einer Betriebsstätte im Auge behalten. Wir unterstützen Sie gerne bei der Überprüfung, ob eine Betriebsstätte begründet wurde oder an welchem Ort die Geschäftsleitung liegt und zeigen Ihnen Möglichkeiten und Wege auf, die Begründung einer Betriebsstätte oder des Ortes der Geschäftsleitung zu vermeiden. 

Wenn Sie Fragen dazu haben, sprechen Sie uns jederzeit an. Wir unterstützen Sie gerne!

Christian Kappelmann

Steuerberater, Dipl.-Finanzwirt, M.A. (Taxation)

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