Jahresabschluss: Handelsrechtliche Pflichten, Grundsätze und Fristen
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25. April 2024

Jahresabschluss: Handelsrechtliche Pflichten, Grundsätze und Fristen

Kategorien: Steuerberatung

Jeder, der ein Unternehmen betreibt oder eine Organisation als Geschäftsführer beziehungsweise Vorstand leitet, weiß, dass der Jahresabschluss eine wichtige Rolle spielt. Handelsrechtliche Aufstellungspflichten sind gesetzliche Anforderungen, die Unternehmen zu Jahresabschlüssen gemäß den Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) verpflichten. Sie dienen der Sicherstellung von Transparenz und Vergleichbarkeit von Unternehmensabschlüssen und stärken das Vertrauen der Stakeholder, wie Investoren, Gläubiger und Mitarbeiter. Was handelsrechtliche Aufstellungspflichten für Jahresabschlüsse sind und welche Fristen es gibt, das erfahren Sie hier in Grundzügen zusammengefasst.

Aufstellungspflichten und Jahresabschluss: Gesetzliche Grundlagen im HGB

Die gesetzlichen Grundlagen für handelsrechtliche Jahresabschlüsse in Deutschland sind im Handelsgesetzbuch (HGB) festgelegt. Die relevanten Bestimmungen finden sich insbesondere in den §§ 238 bis 339 HGB. Diese Vorschriften sind für alle Kaufleute verbindlich, die gemäß § 1 HGB als solche gelten.

Wer ist zur Aufstellung eines handelsrechtlichen Jahresabschlusses verpflichtet?

Die Aufstellungspflichten gelten für alle Unternehmen, unabhängig von ihrer Rechtsform, die nach den Vorschriften des HGB bilanzieren müssen. Dazu gehören

  •   Kapitalgesellschaften wie GmbHs und AGs;
  •   eingetragene Personengesellschaften wie OHGs und KGs;
  •   eingetragene Kaufleute (e.K.) oder Einzelunternehmer, die einem in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb bedürfen.

Jahresabschluss: Pflichten und Regelungen

Die Vorschriften des HGB sehen eine Vielzahl von Pflichten und Regelungen vor, die im Zusammenhang mit handelsrechtlichen Jahresabschlüssen beachtet werden müssen. Dazu gehören unter anderem:

  •   Die Pflicht zur Aufstellung eines handelsrechtlichen Jahresabschlusses (§ 242 HGB).
  •   Die inhaltlichen Anforderungen an den Jahresabschluss (§§ 243, 244 HGB).
  •   Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB; §§ 238, 239 HGB).
  •   Die Pflicht zur Einhaltung gesetzlicher Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften (§§ 248, 253 ff. HGB).
  •   Die Offenlegungspflichten gegenüber dem elektronischen Bundesanzeiger (§§ 325 ff. HGB).

Bilanzierungsgrundsätze und Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung

Die Bilanzierung im handelsrechtlichen Jahresabschluss erfolgt auf Basis der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB), die in den §§ 238 und 239 HGB festgelegt sind. Die GoB sind ein grundlegendes Prinzip der Rechnungslegung und umfassen verschiedene Bilanzierungsgrundsätze, die sowohl formelle als auch materielle Aspekte betreffen. Die wichtigsten Bilanzierungsgrundsätze sind Vollständigkeit, Richtigkeit und Klarheit.

  •   Grundsatz der Vollständigkeit: Alle Vermögensgegenstände und Schulden eines Unternehmens müssen im Jahresabschluss erfasst werden (§ 246 Abs. 1 HGB).
  •   Grundsatz der Richtigkeit: Die Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden müssen korrekt angewendet werden, um ein zutreffendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu gewährleisten (§ 243 Abs. 1 HGB).
  •   Grundsatz der Klarheit: Der Jahresabschluss muss übersichtlich und verständlich sein, sodass Dritte die wirtschaftliche Lage des Unternehmens nachvollziehen können.

Welche Elemente umfassen einen Jahresabschluss?

  •   Bilanz: Eine Übersicht über die Vermögenswerte (Aktiva) und Schulden (Passiva) des Unternehmens zum Ende des Geschäftsjahres.
  •   Gewinn- und Verlustrechnung (GuV): Hier wird der Erfolg des Unternehmens in einem bestimmten Zeitraum, in der Regel ein Geschäftsjahr, dargestellt. Sie zeigt die Erträge und Aufwendungen des Unternehmens und resultiert im Jahresüberschuss oder Jahresfehlbetrag.
  •   Anhang: Der Anhang enthält zusätzliche Informationen und Erläuterungen zur Bilanz und zur GuV. Er ist ein integraler Bestandteil des Jahresabschlusses. Aber Einzelkaufleute sowie bestimmte Personengesellschaften und Kleinstkapitalgesellschaften benötigen keinen Anhang.
  •   Lagebericht: Der Lagebericht enthält Informationen über die voraussichtliche Entwicklung des Unternehmens, seine Risiken und Chancen. Er ist nicht in allen Fällen verpflichtend, sondern im Regelfall nur für mittelgroße und große Kapitalgesellschaften und gleichgestellten Personengesellschaften.
  •   Erklärung zur Unternehmensführung (Corporate Governance Bericht): Diese ist für kapitalmarktorientierte Unternehmen verpflichtend und enthält Angaben zur Unternehmensführung.
  •   Prüfungsbericht: Wenn das Unternehmen prüfungspflichtig ist, muss ein Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft den Jahresabschluss prüfen und einen Prüfungsbericht erstellen.

Die Anforderungen an den Jahresabschluss variieren je nach Rechtsform des Unternehmens und hängen auch von anderen Faktoren ab.

Welche Fristen zur Aufstellung von Jahresabschlüssen gibt es?

Es gibt Fristen für die Aufstellung von Jahresabschlüssen. Die Fristen variieren je nach Art und Größe eines Unternehmens. Der Jahresabschluss ist innerhalb einer Frist aufzustellen, die einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entspricht. Bei einem normalen Geschäftsgang kann von einer Frist von sechs bis neun Monaten ausgegangen werden. Das gilt insbesondere für Einzelkaufleute. Aber für andere Kaufleute gilt ein viel engerer Fristenrahmen.

Für große und mittelgroße Kapitalgesellschaften sowie gleichgestellte Personengesellschaften ist der Jahresabschluss und der Lagebericht in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres für das vergangene Geschäftsjahr aufzustellen.

Für kleine Kapitalgesellschaften sowie gleichgestellte Personengesellschaften verlängert sich die Aufstellungsfrist auf sechs Monate, wenn dies einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entspricht.

Das Handelsrecht gewährt bis zur offiziellen Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung eine Frist von acht Monaten; beginnend mit dem Ende des Geschäftsjahres. Bei kleinen Kapitalgesellschaften kann sie elf Monate betragen.

Spätestens am 31.12. müssen bestimmte Unternehmen ihren Jahresabschluss veröffentlichen.

Wichtig: Fristen sind gesetzlich vorgeschrieben, bei Nichteinhaltung drohen rechtliche Konsequenzen. 

Unsere Einschätzung

Die handelsrechtlichen Aufstellungspflichten für Jahresabschlüsse sind entscheidend für die Transparenz und Glaubwürdigkeit von Unternehmensberichten. Klaren Richtlinien für die Aufstellung von Bilanz, GuV, Anhang und Lagebericht, stärken das Vertrauen der Stakeholder in die Finanzberichterstattung; sie gewährleisten auch die Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Unternehmen. Unternehmer:innen sollten diese Pflichten kennen und fristgerecht erfüllen.

Bei Unklarheiten oder Fragen sollte ein Experte für Handelsrecht oder ein Steuerberater hinzugezogen werden. Sprechen Sie uns gerne an.

Lars Rinkewitz

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