30. August 2024
Erbschaftsteuer, Schenkungsteuer, Bewertungsgesetz: Entwürfe der Jahressteuergesetze 2024 (JStG I+II-E 2024)
Inhaltsverzeichnis
- Anpassungen im Erbschaftsteuergesetz (ErbStG)
- Steuerbefreiung für vermietete Immobilien: § 13d ErbStG ermöglicht 10%-Abschlag auch für vermieteten Grundbesitz in Drittstaaten
- Erbschaftsteuer-Stundung nach § 28 Abs. 3 ErbStG: Erweiterte Stundungsmöglichkeiten für Wohnimmobilien
- Anzeigepflicht der Gerichte, Behörden, Beamten und Notare nach dem zweiten JStG-E 2024
- Änderungen im Bewertungsgesetz: Neue Rechengrößen und Konkretisierung für Land- und Forstwirtschaft
- Unsere Einschätzung: Wie das Jahressteuergesetz 2024 die Nachfolgeberatung und Steuergestaltung beeinflusst
Nachdem das Bundeskabinett bereits in seiner Sitzung vom 05.06.2024 den Regierungsentwurf für ein Jahressteuergesetz 2024 beschlossen hat, wurde vom Bundesfinanzministerium (BMF) am 10.07.2024 ein weiterer Referentenentwurf für ein zweites Jahressteuergesetz 2024 veröffentlicht, der mit einigen Erweiterungen am 24.07.2024 durch das Bundeskabinett als „Steuerfortentwicklungsgesetz“ beschlossen wurde. Dabei sehen die Entwürfe auch einige Änderungen des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes sowie des Bewertungsgesetzes vor. Bei den Änderungen handelt es sich im Wesentlichen um Reaktionen auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und des Europäischen Gerichtshof (EuGH). Hier erhalten Sie einen Überblick über die geplanten Änderungen in den Jahressteuergesetzen 2024.
Anpassungen im Erbschaftsteuergesetz (ErbStG)
Die Regelung zum Abzug von Nachlassverbindlichkeiten im § 10 Abs. 6 ErbStG soll europarechtskonform ausgestaltet werden, indem auch beschränkt steuerpflichtigen Personen der Abzug von Nachlassverbindlichkeiten ermöglicht wird. Mit Urteil vom 21.12.2021 hat der BFH entschieden, dass die bisher geregelte Nichtabzugsfähigkeit von Pflichtteilsverbindlichkeiten bei beschränkter Steuerpflicht gegen die im Europarecht geregelte Kapitalverkehrsfreiheit verstößt. Daher soll nun eine anteilige Abzugsfähigkeit der Nachlassverbindlichkeiten auch bei beschränkter Steuerpflicht ermöglicht werden. Der Umfang der Abzugsfähigkeit richtet sich nach dem Anteil, mit dem der Vermögensanfall der deutschen Erbschaftsteuer unterliegt.
Darüber hinaus möchte der Gesetzgeber die Änderungen zum Anlass nehmen, die Vorschrift durch Einführung der Absätze 6a und 6b neu zu strukturieren. Absatz 6b regelt nun, dass grundstücksbezogene Lasten eines Grundstücks, die bereits bei dessen Wertermittlung berücksichtigt wurden, nicht erneut als Nachlassverbindlichkeit in Abzug gebracht werden können. Unseres Erachtens ist das eine logische Konsequenz.
Steuerbefreiung für vermietete Immobilien: § 13d ErbStG ermöglicht 10%-Abschlag auch für vermieteten Grundbesitz in Drittstaaten
Der § 13d ErbStG sieht für solche Grundstücke, die zu Wohnzwecken vermietet werden, einen sog. Befreiungsabschlag vor und somit eine Steuerbefreiung in Höhe von 10%. Nach der aktuellen Fassung gilt die Steuerbefreiung jedoch nur für im Inland oder im EU-/EWR-Ausland belegene Grundstücke. Nun soll dieser 10%-ige Befreiungsabschlag laut Jahressteuergesetz 2024 auch auf zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke in Drittstaaten erweitert werden. Zusätzliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass mit dem jeweiligen Drittstaat der Informationsaustausch in Bezug auf die Erbschaftsteuer sichergestellt ist. Indizwirkung soll ein Informationsaustausch unter Umsetzung des OECD-Standards für Transparenz und effektiven Informationsaustausch haben. Eine Liste der Staaten, die diese Voraussetzungen erfüllen, soll vom BMF künftig im Bundessteuerblatt veröffentlicht werden. Unseres Erachtens liegt hier weiterhin eine zu starke Einschränkung dieser Vorschrift vor.
Erbschaftsteuer-Stundung nach § 28 Abs. 3 ErbStG: Erweiterte Stundungsmöglichkeiten für Wohnimmobilien
Nach § 28 Abs. 3 ErbStG wird auf Antrag eine Stundung der Erbschaftsteuer für bis zu zehn Jahre gewährt, soweit der Erwerber die Steuer nur durch Veräußerung des zu Wohnzwecken genutzten Grundbesitzes aufbringen kann. Die bisherige Stundungsregelung war allerdings auf gewisse Grundstücksarten und Nutzungsmöglichkeiten begrenzt. Nun soll die Stundungsmöglichkeit auf sämtliche Fälle ausgeweitet werden, in denen Grundbesitz zu Wohnzwecken genutzt wird. Dabei umfasst die neue Regelung insbesondere auch Fälle, in denen das Grundstück erst nach dem Erbfall oder der Schenkung zu Wohnzwecken vermietet wird oder zu eigenen Wohnzwecken unabhängig von der Grundstücksart verwendet wird. Die Stundung endet unmittelbar, soweit der Grundbesitz auf Dritte übergeht oder dauerhaft keinen Wohnzwecken mehr dienen soll.
Für Grundbesitz in Drittstaaten soll auch diese Neu-Regelung – wie im Fall des §13d ErbStG – vorsehen, dass die Stundung nur gewährt werden kann, wenn in Bezug auf die Erbschaftsteuer ein Informationsaustausch mit diesem Drittstaat sowie die Möglichkeit der Beitreibung steuerlicher Forderungen sichergestellt ist. Auch diesbezüglich soll das BMF künftig eine regelmäßig zu aktualisierende Liste mit den entsprechenden Staaten veröffentlichen.
Anzeigepflicht der Gerichte, Behörden, Beamten und Notare nach dem zweiten JStG-E 2024
Hier wird in §34 ErbStG-E ein Absatz 3 angefügt und § 4 ErbStDV angepasst. Vereinfacht ausgedrückt wird die elektronische Kommunikation von Anzeigen bei beurkundeten Sterbefällen zwischen den Standesämtern, dem Bundeszentralamt für Steuern und den Landesfinanzbehörden geregelt.
Änderungen im Bewertungsgesetz: Neue Rechengrößen und Konkretisierung für Land- und Forstwirtschaft
Die Änderungen im Bewertungsgesetz beschränken sich auf die Anpassung der Rechengrößen bei den Bewertungsverfahren und die Darstellung dieser in den Anlagen 21, 23 und 26 zum Bewertungsgesetz an § 34 Abs. 2 und 3 ImmoWertV. Die angepassten Anlagen sollen auf Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2024 erstmals Anwendung finden.
Darüber hinaus wird der bewertungsrechtliche Begriff eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft in § 158 Abs. 2 BewG-E konkretisiert.
Unsere Einschätzung: Wie das Jahressteuergesetz 2024 die Nachfolgeberatung und Steuergestaltung beeinflusst
Die Veröffentlichung der Regierungs- bzw. Referentenentwürfe zum Jahressteuergesetz 2024 deuten einige für die Vermögensnachfolge relevante Änderungen an. Auch wenn der Gesetzgebungsprozess vermutlich erst gegen Ende des Jahres abgeschlossen sein wird und gegebenenfalls nicht alle Regelungen tatsächlich übernommen werden, erfordert eine langfristige und nachhaltige Beratung besonders in der Nachfolgeberatung eine frühzeitige Beschäftigung mit den beabsichtigten Neuerungen und möglichen Auswirkungen auf Steuergestaltungen.
Auch im Rahmen des zweiten Jahressteuergesetzes wurde der Versuch unternommen, eine Mitteilungspflicht über staatliche Steuergestaltungen einzuführen. Aus unserer Sicht bietet diese Änderung weder für die Steuerzahler, die Finanzverwaltung noch für die Mandanten einen erkennbaren Vorteil. Stattdessen sehen wir einen unverhältnismäßig hohen bürokratischen Aufwand für alle Beteiligten. In Zeiten von Arbeitskräftemangel und Kapazitätsengpässen sollten andere Prioritäten gesetzt werden, die zumindest einen erkennbaren Vorteil bringen. Bei Fragen stehen Ihnen Akram Juja und Steuerassistent Fynn Mannheim gerne zur Verfügung. Für eine detaillierte Darstellung der geplanten Mitteilungspflicht und ihrer Auswirkungen werfen Sie bitte einen Blick auf unseren Beitrag: ‘Anzeigepflicht nationaler Steuergestaltungen: Was bedeutet das für Unternehmen?‘ von Julian Heesemann.
Vermerk: Bitte beachten Sie, dass in diesem Dokument bei einem durch das Gesetz festgeschriebenen Begriff auf das Gendern verzichtet wird, um die juristische Präzision und Klarheit zu wahren. In allen anderen Textteilen wird eine gendergerechte Sprache verwendet, um die Gleichstellung aller Geschlechter zu fördern.