Modernisierung des Personengesellschaftsrechts
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19. Dezember 2023

Modernisierung des Personengesellschaftsrechts

Am 17. August 2021 verkündete der Gesetzgeber eine umfassende Reform des Personengesellschaftsrechts, MoPeG. Sie tritt am 1. Januar 2024 in Kraft. Die Reform befasst sich hauptsächlich mit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die seit 1900 nahezu unverändert blieb. Was das neue MoPeG ist und was der Gesetzgeber plant, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Update vom 12.12.2023: Mit der Grunderwerbsteuer ab 1.1.2024 löste der Bundesrat Unsicherheit in der Steuerberatungspraxis aus, als er das Wachstumschancengesetz in den Vermittlungsausschuss gab. Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags reagierte, rettete die Regelungen für grunderwerbsteuerliche Begünstigungen nach Inkrafttreten des MoPeG und verlängerte den Status Quo bis Ende 2026. Jetzt können Personengesellschaften und ihre Steuerberater:innen weiterhin von den Begünstigungen profitieren –  vorbehaltlich einer geplanten Reform des Grunderwerbsteuerrechts.

Was ist der Grund für die Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG)?

Die GbR ist bisher kein eigenständiges Rechtssubjekt, sie kann nicht selbst Träger von Rechten und Pflichten sein. Immobilien rechnet man den Gesellschafter:innen transparent selbst durch die Personengesellschaft zu. So verzeichnet man es auch im Grundbuch.

Im Jahre 2001 ergab die höchstrichterliche Rechtsprechung in der Rechtssache “ARGE Weißes Ross”, dass eine GbR grundsätzlich jede Rechtsposition im Rechtsverkehr annehmen kann. Mit der Einführung des MoPeG folgt der Gesetzgeber dieser Entwicklung und beseitigt Unklarheiten über die Rechtsnatur. Um dies zu erreichen, fasst er die §§ 705 des Bürgerlichen Gesetzbuchs neu.

Was ist eine rechtsfähige Außen-GbR?

Die neue Gesellschaft bürgerlichen Rechts benötigt grundsätzlich keine Eintragung für die Erlangung ihrer Rechtsfähigkeit (§ 707 Absatz 1 BGB-E). Für bestimmte Rechtsvorgänge, wie den Erwerb oder die Veräußerung von Immobilien, gibt es jedoch eine Eintragungspflicht. Daher müssen Immobilien-GbRs faktisch eine Registrierung vornehmen. Bei geplanten Transaktionen in naher Zukunft empfehlen wir die proaktive Eintragung, damit keine Verzögerungen auftreten.

Für Rechtsformen wie die GmbH, GmbH & Co. KG oder OHG sind Eintragungen bereits verpflichtend. Die Eintragung einer GbR im zukünftigen Rechtsverkehr ist positiv, weil man die Identität der Gesellschaft nun einfach überprüfen kann.

Der Gesetzesentwurf legt Notar- und Gerichtsgebühren für Anmelde- und Eintragungsvorgänge fest. Nach erfolgreicher Eintragung führt die GbR den Zusatz eGbR, eingetragene GbR. Damit einher geht die Verpflichtung zur Eintragung im Transparenzregister. 

Was bedeutet das MoPeG für die Freien Berufe

Das MoPeG ermöglicht jetzt auch Freiberufler:innen, Personengesellschaften in Form von OHG, KG, GmbH & Co. KG zu gründen. Diese Öffnung und die damit verbundene Haftungsbeschränkung durch eine Freiberufler GmbH & Co. KG sind insbesondere für Rechtsanwälte, Notare, Ärzte und Steuerberater von Bedeutung. Die Reform steht nicht in Konkurrenz zur bereits bestehenden Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung, vor allem weil diese keine umfassende Haftungsbeschränkung für die eigene Tätigkeit bietet. Die Änderung des § 107 Abs. 1 Satz 2 und § 161 Abs. 2 HGB neue Fassung ermöglicht jetzt die Gründung einer Personengesellschaft für die Ausübung eines freien Berufes.

Allerdings geht damit auch eine mögliche Insolvenzantragspflicht nach § 15a der Insolvenzordnung einher. Die Freiberufler GmbH & Co. KG unterliegt zudem der Gewerbesteuer. Da die Komplementär GmbH als Gesellschafterin aufgrund ihrer Rechtsform immer gewerblich tätig ist, führt sie regelmäßig zur Umqualifizierung der Einkünfte der gesamten GmbH & Co. KG. Die aktuelle Rechtsprechung bietet auch keine Möglichkeit der sogenannten Entprägung, wie sie zum Beispiel bei Immobilien GmbH & Co. KGs gegeben ist.

Welche steuerlichen Auswirkungen hat das MoPeG?

Der Gesetzesentwurf des MoPeG konzentriert sich besonders auf ein verändertes Verständnis der Rechtsnatur der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. In Zukunft ist diese selbst Träger von Rechten und Pflichten. Die Gesellschaft erwirbt Besitz und begründet Verbindlichkeiten, nicht die Gesellschafter:innen allein.

Der Entwurf stellt zudem klar, dass keine Änderungen an den ertragsteuerlichen Grundsätzen vorgesehen sind. Insbesondere bleibt das geltende Transparenzprinzip von der Reform unberührt. Das bedeutet, dass die laufenden Gewinne und Verluste bei der Besteuerung weiterhin einheitlich und gesondert festgestellt und den Gesellschafter:innen zugerechnet werden. Die Gesellschafter:innen sind das Steuersubjekt, nicht die Gesellschaft selbst. Eine Ausnahme bildet die Gewerbesteuer, bei der die Gesellschaft in der Regel Steuersubjekt und Schuldnerin der Gewerbesteuern ist.

Änderungen im Grunderwerbsteuerrecht sind noch ungewiss. Vom Ergebnis her sollten die gesellschaftsrechtlichen Änderungen keine Auswirkungen auf die Steuervergünstigungen nach den §§ 5 und 6 GrEStG haben, die derzeit noch von einem Übergang auf und von einer Gesamthand ausgehen. Dies ist im aktuellen Gesetzesentwurf noch nicht enthalten.

Im Schenkung- und Erbschaftsteuerrecht sind durch die neue rechtsfähige Außen-GbR keine Änderungen zu erwarten. Auch nach dem MoPeG sollten Zuwendungen weiterhin an die Gesellschafter:innen etwa einer Erbengemeinschaft gerichtet sein und nicht an die Gesellschaft selbst.

Bilanzielle Auswirkungen, Gewinnverteilung und Entnahmen

Das MoPeG ändert im Vergleich zum geltenden Recht keine Bilanzierungs- oder Bewertungsgrundsätze. Allerdings ergeben sich durch das MoPeG Veränderungen in Bezug auf die Gewinnverteilung und Entnahmerechte.

Nach der gesetzlichen Neuregelung richtet sich die Gewinnverteilung vorrangig nach den Beteiligungsverhältnissen und nachrangig nach Köpfen. Die Neufassung des § 122 HGB führt dazu, dass die Verbuchung von Gewinnanteilen für alle Gesellschafter:innen einheitlich erfolgt. Es wird nicht mehr – wie bisher – zwischen persönlich (voll-) haftenden Gesellschafter:innen z.B. OHG-Gesellschafter:innen oder Komplementären einer KG und teilhaftenden Gesellschafter:innen (Kommanditist:innen) unterschieden.

Ab dem 1. Januar 2024 zeigt die Ausweisung der Gewinnanteile aller Gesellschafter:innen auf deren Fremdkapitalkonten diese als Verbindlichkeit/Fremdkapital. Im Vergleich zum geltenden Recht (Verbuchung bei vollhaftenden Gesellschafter:innen auf deren Eigenkapitalkonten) führt diese Verbuchung und bilanzielle Darstellung zu einer Minderung des bilanziellen Eigenkapitals der Gesellschaft zum Bilanzstichtag. Wir halten fest, dass das MoPeG auf dem Prinzip der Vollausschüttung von Gewinnen basiert; alle Gesellschafter:innen haben nach dem Gesetz einen vollständigen Entnahmeanspruch.

Wenn die Gesellschafter:innen von den gesetzlichen Regelungen abweichen möchten oder die aktuellen gesetzlichen Regelungen weiterhin für sich in Anspruch nehmen wollen, ist eine abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag oder ein Gesellschafterbeschluss erforderlich.

Unsere Einschätzung

Aus unserer Sicht ist die Reform des Personengesellschaftsrechts positiv. Sie bringt Rechtssicherheit und zusätzliche Flexibilität in die ohnehin flexiblen Personengesellschaften. Die Möglichkeit oder Pflicht zur Eintragung führt zunächst zu einem erhöhten administrativen Aufwand, der jedoch bei vielen anderen Rechtsformen bereits üblich ist. Wenn Sie Immobilien in einer GbR halten, empfehlen wir: Nehmen Sie diese Eintragung frühzeitig in Angriff. Ferner raten wir dringend zur Überprüfung bestehender Gesellschaftsverträge hinsichtlich Gewinnverteilungs- und Entnahmeregelungen. Sprechen Sie uns an. Wir beraten Sie gerne.

Dennis Bork

Associate Partner, Steuerberater

Peter Kollenbroich

Partner, Steuerberater, Fachberater für Immobilienbesteuerung, LL.M.

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