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26. Juni 2025

Neue Entscheidung zum Verzicht auf den gesetzlichen Mindesturlaub 

Kategorien: Rechtsberatung

Inhaltsverzeichnis

Im April 2024 hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln (Az.: 7 Sa 516/23) eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer getroffen und damit die Bedeutung des arbeitsrechtlichen Schutzes hervorgehoben. Das LAG befasste sich mit der Frage, ob ein Arbeitnehmer während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses wirksam auf seinen gesetzlichen Mindesturlaub verzichten kann. Welche Auswirkungen diese Entscheidung auf Arbeitsverhältnisse, vertragliche Regelungen und arbeitsgerichtliche Prozesse hat, erfahren Sie hier.


Was war der Hintergrund des Rechtsstreits um den Urlaubsverzicht? 

Der Fall vor dem LAG betraf die einvernehmliche Beendigung eines Arbeitsverhältnisses zum 30.04.2023. Der Arbeitnehmer war seit Januar 2019 als Betriebsleiter tätig und hatte nach seinem Arbeitsvertrag Anspruch auf insgesamt 30 Urlaubstage pro Jahr. 

In diesem Rechtsstreit konnten sich die Parteien Anfang 2023 auf die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. April 2023 verständigen. Der Vergleich enthielt eine Regelung dazu, dass der gesetzliche Mindesturlaub von sieben Tagen im Jahr 2023 als genommen gilt. Der Vergleich wurde am 31. März 2023 gerichtlich protokolliert.  

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses klagte der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht Siegburg Urlaubsabgeltung aus dem Jahr 2023 in Höhe von 1.615,11 Euro ein, da er im Jahr 2023 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt war und daher keinen Urlaub nehmen konnte.  

Das Arbeitsgericht Siegburg gab dem Arbeitnehmer Recht, woraufhin der Arbeitgeber Berufung einlegte und nun das Landesarbeitsgericht Köln zu entscheiden hatte. 


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LAG Köln: Warum ein Verzicht auf den Mindesturlaub bei bestehendem Arbeitsverhältnis unzulässig ist 

Das Landesarbeitsgericht stellte mit seiner Entscheidung klar, dass ein Verzicht auf den gesetzlichen Mindesturlaub während des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses nicht zulässig sei. Es berief sich dabei auf die Unverzichtbarkeit dieses Mindestanspruchs nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Nach Ansicht des Gerichts würde ein solcher Verzicht dem Schutzzweck des Gesetzes zuwiderlaufen.  

Ein Verzicht auf Urlaubsabgeltung ist nur zulässig, wenn das Arbeitsverhältnis bereits beendet ist. Von seiner Ansicht wich das Gericht auch nicht auf den Einwand des Arbeitgebers hin ab, der Arbeitnehmer habe sich mit dem Vergleichsabschluss und der jetzigen Klage widersprüchlich verhalten.  

Bundesarbeitsgericht  bestätigt die Entscheidung des LAG Köln: Verzicht verstößt gegen § 13 Abs. 1 Satz 3 BurlG

Auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab dem Arbeitnehmer schließlich recht und entschied, dass er einen Abgeltungsanspruch hinsichtlich seines nicht erfüllten gesetzlichen Mindesturlaubs aus dem Jahr 2023 gemäß § 7 Abs. 4 BurlG habe.  

Der Prozessvergleich verstoße gegen § 13 Abs. 1 Satz 3 BurlG, wonach von den Bestimmungen zum Urlaubsrecht nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers abgewichen werden darf. Es sei daher unzulässig, den gesetzlichen Mindesturlaub oder den noch künftig entstehenden Mindesturlaub auf dessen Abgeltung im Voraus auszuschließen oder zu beschränken.  

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