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28. Juli 2025

Neues Urteil 2025 zu Focus Siegel „Top Mediziner“ und „FOCUS Empfehlung“: Nutzung für Arztpraxen zulässig!

Kategorien: Rechtsberatung

Das FOCUS-Siegel „Top Mediziner“ war jahrelang ein beliebtes Marketinginstrument für Arzt- und Zahnarztpraxen. Doch ein Urteil des LG München stellte 2023 die rechtliche Zulässigkeit infrage. Jetzt bringt das OLG München im Mai 2025 Klarheit: Die FOCUS Ärzte-Siegel sind nicht irreführend – und dürfen unter bestimmten Bedingungen rechtssicher verwendet werden.  

Das Landgericht München hatte im Jahr 2023 (Az. 4 HK O 14545/21) zunächst Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Siegel geäußert. Es kam zu dem Schluss, dass die Auszeichnungen „Top Mediziner“ und „FOCUS Empfehlung“ nicht den Anforderungen an eine transparente und objektive Bewertung genügen würden. Die Richter:innen sahen darin eine unlautere Werbung, die Patient:innen möglicherweise in die Irre führen könnte. 

Mit dem Urteil des OLG München vom Mai 2025 steht nun fest: Die Siegel dürfen unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin verwendet werden. Die Richter:innen sahen keine Irreführung und bestätigten die grundsätzliche Rechtmäßigkeit des Rankings. Was das Urteil für Praxisinhaber:innen bedeutet, welche Rolle die Wettbewerbszentrale dabei spielte und wo rechtliche Grenzen bei der Außendarstellung bleiben, beleuchten wir in diesem Blogbeitrag. 

Was hat das OLG München zur Zulässigkeit der Ärzte‑Siegel entschieden?

Das Oberlandesgericht München hat in seinem Urteil vom 22.05.2025 (Az.: 29 U 867/23e) entschieden, dass die Vergabe und Verwendung der FOCUS Ärzte-Siegel, insbesondere im Zusammenhang mit der FOCUS Gesundheit Ärzteliste, nicht irreführend sind. Damit hob das Gericht das vorinstanzliche Urteil des Landgerichts München I auf, das eine Irreführung bejaht und die Verwendung der Siegel untersagt hatte. 

Nach Auffassung des OLG sind Focus Ärzte Ranking und FOCUS Empfehlung Ärzte rechtlich zulässig – und zwar sowohl im Hinblick auf die methodische Transparenz als auch auf die Informationsfreiheit der Medien. 

Warum hatte die Wettbewerbszentrale ursprünglich gegen die Siegel geklagt?

Die Wettbewerbszentrale kritisierte, dass die Auszeichnung als „FOCUS TOP Mediziner“ für Patient:innen den Eindruck erwecke, es handele sich um eine objektive, wissenschaftlich fundierte Bewertung – obwohl die Methodik auf einem Zusammenspiel aus Ärzt:innenempfehlungen, Veröffentlichungen und Online-Fragebögen beruhe. 

Die Zentrale war der Ansicht, dass die Ärztebewertung durch FOCUS insbesondere durch das Siegel eine unzulässige geschäftliche Handlung darstelle. Sie sah das Irreführungsverbot in der Ärztewerbung verletzt und wollte Ärzt:innen die werbliche Nutzung untersagen lassen. 


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Welche rechtlichen Kriterien zog das OLG bei seiner Entscheidung heran?

Das OLG München orientierte sich bei seiner Entscheidung an den Vorgaben des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), insbesondere § 5 Abs. 1 UWG zur Irreführung durch Angaben. Das Gericht prüfte, ob Patient:innen durch die FOCUS Ärzte-Siegel in die Irre geführt werden könnten. 

Dabei spielte auch die juristische Bewertung der Ärzte-Siegel FOCUS unter dem Aspekt der Pressefreiheit eine zentrale Rolle: Als journalistisches Produkt unterliegt die Ärzteliste einem grundrechtlichen Schutz nach Art. 5 Abs. 1 GG. Der FOCUS dürfe – so das Gericht – im Rahmen seiner redaktionellen Freiheit eine eigene Auswahl treffen, solange die Methodik nachvollziehbar offengelegt wird. 

Wie erklärt das OLG die Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Methodik?

Das Gericht stellte klar: Die Methodik zur Auswahl der FOCUS TOP Mediziner:innen ist auf der Webseite von FOCUS Gesundheit detailliert dokumentiert. Die Transparenz der Methodik FOCUS TOP Mediziner erfülle die Anforderungen an eine nachvollziehbare Darstellung. 

Der Bewertung liege keine rein subjektive Einschätzung zugrunde, sondern ein mehrstufiges Verfahren mit messbaren Kriterien – darunter Empfehlungen durch Fachkolleg:innen, wissenschaftliche Publikationen, Patient:innenbewertungen und Interviews mit Klinikleitungen. 

Das OLG bejahte daher eine ausreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit, sodass von einer Irreführung nicht die Rede sein könne. 

Welche Bedeutung hat das Urteil für Ärzt:innen und ihre Werbung?

Das Urteil ist ein wichtiger Erfolg für Ärzt:innen, die mit FOCUS Gesundheit Ärzteliste oder dem FOCUS Ärzte Siegel werben möchten. Die Entscheidung schafft Rechtssicherheit: Wer in der Liste geführt wird und das Siegel erhält, darf es weiterhin zu Werbezwecken einsetzen, ohne rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen. Hinweis: Die werbliche Nutzung speziell dieser Siegel ist kostenpflichtig. 

Für viele Mediziner:innen ist eine Platzierung in der FOCUS Ärzteliste oder eine Auszeichnung als Top-Mediziner ein wichtiges Qualitätsmerkmal – und ein starker Hebel im Praxismarketing, um sich im umkämpften Markt patientenorientiert und rechtssicher zu positionieren. Das OLG stärkt nun ausdrücklich dieses Marketinginstrument. 

Allerdings betont das Gericht, dass die Verwendung nur dann zulässig ist, wenn die Auswahlkriterien transparent wiedergegeben werden und nicht suggeriert wird, dass das Siegel staatlich geprüft oder medizinisch objektiv sei. 

 Was sollten Ärzt:innen grundsätzlich bei Werbung mit Gütesiegeln beachten?

  • Transparenz der Kriterien: Das Siegel muss auf nachvollziehbaren, überprüfbaren und zugänglichen Bewertungsmaßstäben beruhen. Wenn Patient:innen die Auswahlgrundlagen nicht nachvollziehen können, besteht die Gefahr der Irreführung. 
  • Unabhängigkeit des Ausstellers: Das Gütesiegel sollte von einer unabhängigen Stelle vergeben werden – etwa durch ein Fachmedium, eine Prüfinstitution oder ein Branchenverband. Bei rein unternehmensinternen „Auszeichnungen“ kann es sich um getarnte Eigenwerbung handeln. 
  • Keine Täuschung über Bedeutung oder Herkunft: Die Werbung darf nicht den Eindruck erwecken, dass das Siegel eine behördliche Anerkennung oder ein gesetzlich geregelter Qualitätsnachweis ist, wenn das nicht der Fall ist. 

Weitere Informationen finden Sie in unserem Blogbeitrag: Achtung Abmahngefahr: Werbung mit Prüfzeichen, Gütesiegeln und Testergebnissen – ECOVIS KSO 

Unsere Einschätzung aus juristischer und werblicher Sicht 

Die Entscheidung des OLG München stellt einen praxisrelevanten Meilenstein für die ärztliche Werbung dar. Sie bietet Ärzt:innen Orientierung, wie mit Bewertungen seriöser Medien umgegangen werden kann – ohne das Irreführungsverbot zu verletzen. 

Aus unserer Sicht stärkt das Urteil nicht nur die Pressefreiheit in der Arztbewertung, sondern auch das Recht von Ärzt:innen, qualitätsbezogene Auszeichnungen sichtbar zu machen. Dabei ist entscheidend, transparente Kommunikation gegenüber Patient:innen zu gewährleisten.  

Aus werblicher Sicht ist die Nutzung der Siegel für Arzt- und Zahnarztpraxen ein gutes Mittel, sich als „gute Ärzte“ zu präsentieren. Patient:innen berücksichtigen bei ihrer Entscheidung für eine Praxis bzw. eine:n spezifische:n Arzt/Ärztin neben subjektiven Merkmalen (Praxis-Website, sympathische Fotos, Google-Ranking und Bewertungen) auch objektive Merkmale wie derartige „Top-Siegel“. Damit ist das ein wichtiger Baustein für ein erfolgreiches Praxismarketing. 

Haben Sie Fragen zu diesem Thema oder möchten Hilfestellung bei der rechtssicheren Werbung mit Gütesiegeln? Unsere Expert:innen Esengül Aslan und Steffi Anders unterstützen Sie gerne – nehmen Sie einfach Kontakt auf. 


Über unseren Gastautor

Foto: Marsha Glauch

Christian Finke ist Inhaber der Agentur Finke Praxismarketing in Düsseldorf und seit 2006 auf Marketinglösungen für Ärzte und Zahnärzte spezialisiert. Gemeinsam mit seinem Team unterstützt er bundesweit Praxen bei der Wunschpatienten- und Mitarbeitergewinnung sowie der strategischen Praxisentwicklung.
Ein besonderer Fokus liegt auf der Begleitung von Existenzgründern sowie dem digitalen Praxismarketing – mit den zentralen Schwerpunkten WebsiteGoogle (SEO & Ads) und Social Media.

Mehr Informationen und Kontakt unter:

www.finke-praxismarketing.de
info@finke-praxismarketing
0211 – 542 39 234

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