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25. März 2025

Betriebsübergang beim Praxisverkauf: Rechte und Pflichten von Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden

Ein Praxisverkauf erfordert sorgfältige Planung, besonders beim Betriebsübergang nach § 63113a BGB. Erfahren Sie, welche Rechte das Praxispersonal hat und welche Pflichten Käufer:innen und Verkäufer:innen für eine reibungslose Betriebsübernahme beachten müssen.


Der Verkauf einer Praxis führt in der Regel zu einem Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB. Ein solcher Übergang liegt vor, wenn die wirtschaftliche Einheit der Praxis – also die organisierte Gesamtheit von Personen und Ressourcen zur Verfolgung eines wirtschaftlichen Zwecks – auf den/die neue:n Inhaber:in übergeht und dabei ihre Identität bewahrt. Ziel der gesetzlichen Regelung ist es, die Arbeitsverhältnisse der betroffenen Arbeitnehmer:innen zu schützen und ihren Fortbestand zu gewährleisten.  

Rechte für Arbeitnehmer:innen bei Betriebsübergang: Kündigungsschutz und Widerspruchsrecht 

Mit dem Übergang der Praxis tritt der/die neue Inhaber:in automatisch in alle bestehenden Rechte und Pflichten aus den Arbeitsverhältnissen ein. Die Mitarbeiter:innen behalten ihre bisherigen Arbeitsbedingungen, einschließlich bestehender Arbeitsverträge, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen. Gleichzeitig genießen sie einen besonderen Kündigungsschutz, der Kündigungen aus Anlass des Betriebsübergangs ausdrücklich untersagt. Arbeitnehmer:innen sollten im Zuge des Übergangs auch eine Arbeitsbescheinigung anfordern, um ihre Ansprüche und Beschäftigungszeiten klar dokumentieren zu können. 


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Datenschutz beim Betriebsübergang: Was passiert mit dem/der Datenschutzbeauftragten?

Liegt tatsächlich ein Betriebsübergang oder die Übernahme eines Betriebsteils vor, stellt sich außerdem die Frage, was mit dem/der bestellten Datenschutzbeauftragten passiert. Die Rechtsprechung ist sich einig, dass ein Übergang des Funktionsamtes des/der Datenschutzbeauftragten nicht automatisch stattfindet. Vielmehr bedarf es einer Neubestellung durch den/die neue:n Betriebsinhaber:in, sofern diese:r weiterhin der Pflicht zur Bestellung eines/einer Datenschutzbeauftragten unterliegt. Dies bietet die Gelegenheit, datenschutzrechtliche Prozesse zu überprüfen und gegebenenfalls neu zu organisieren, um eine reibungslose Fortführung sicherzustellen. 

Betriebsübernahme: Welche Pflichten haben Käufer:innen und Verkäufer:innen? 

Bei Beantwortung dieser Frage spielt die Informationspflicht eine zentrale Rolle. Sowohl Praxisverkäufer:innen als auch Praxiskäufer:innen sind verpflichtet, das Praxispersonal rechtzeitig und schriftlich über den anstehenden Betriebsübergang zu informieren. Die Mitteilung muss den Zeitpunkt des Betriebsübergangs, die Gründe, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen sowie geplanten Maßnahmen umfassen.  

Werden die Arbeitnehmer:innen nicht ordnungsgemäß informiert, kann dies dazu führen, dass die Monatsfrist für einen Widerspruch nicht zu laufen beginnt. Mitarbeiter:innen haben das Recht, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Erhalt der Mitteilung zu widersprechen. Ein solcher Widerspruch muss schriftlich gegenüber dem/der bisherigen oder dem/der neuen Betriebsinhaber:in erklärt werden und führt dazu, dass das Arbeitsverhältnis mit dem/der bisherigen Praxisinhaber:in bestehen bleibt.  

Dieser Schritt ist jedoch mit Risiken verbunden. Eine betriebsbedingte Kündigung ist in solchen Fällen nicht ausgeschlossen. Zusätzlich sollten Arbeitnehmer:innen prüfen, ob sie eine Arbeitsbescheinigung vom bisherigen Arbeitgeber benötigen, um ihre Beschäftigungszeiten lückenlos nachweisen zu können – etwa für die Rentenversicherung oder das Arbeitsamt. Zwar bleibt das Arbeitsverhältnis grundsätzlich zu den herrschenden Bedingungen bestehen. Es empfiehlt sich dennoch, die neuen Aspekte –wie etwa den neuen Arbeitgeber- im Arbeitsvertrag festzuhalten. 


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Betriebsübernahme und Personal: Bedeutung der Belegschaft für den Praxiserfolg 

Für den/die neue:n Betriebsinhaber:in ist das bestehende Personal oft von zentraler Bedeutung. Besonders bei Praxen, in denen die Mitarbeiter:innen gut eingespielte Strukturen und langjährige Patientenbeziehungen pflegen, kann das Personal ein entscheidender Erfolgsfaktor sein. Praxiskäufer:innen sollten sich daher vor Betriebsübernahme umfassend mit den Arbeitsverträgen, bestehenden betrieblichen Regelungen und Praxisabläufen vertraut machen. Auf dieser Basis können offene Fragen geklärt und, wenn erforderlich, einvernehmliche Anpassungen der Arbeitsverträge angestrebt werden. Dabei ist zu beachten, dass Änderungen nur im gegenseitigen Einvernehmen und nicht einseitig vorgenommen werden dürfen. 

Unsere Einschätzung zum Betriebsübergang und zur Betriebsübernahme 

Ein Praxisverkauf mit Betriebsübergang bringt rechtliche und organisatorische Herausforderungen mit sich. Haben Sie Fragen zum Thema, etwa zur Ausstellung einer Arbeitsbescheinigung bei Betriebsübergang, oder möchten Sie sich beraten lassen? Unsere Rechtsanwältin Julia Brey und unsere Steuerberaterin Stefanie Anders unterstützen Sie bei der arbeitsrechtlichen Gestaltung und Optimierung. Einfach Kontakt aufnehmen und informieren! 

Stefanie Anders

Partnerin und Steuerberaterin

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