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21. November 2024

Opt-out im Arbeitszeitgesetz: Vorteile, Pflichten und Herausforderungen für Krankenhäuser und Kliniken

Sogenannte Optout-Vereinbarungen sind wichtiger Bestandteil des Arbeitslebens in Krankenhäusern und Kliniken. Sie ermöglichen eine Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit des medizinischen Personals über das gesetzlich festgelegte Höchstmaß hinaus. Damit tragen sie zu einer effizienten und lückenlosen Versorgung der Patient:innen bei. 

Die Bedeutung der Optout-Regelung für Krankenhäuser und Ärzt:innen 

Seit dem 1. Juli 1994 gilt in Deutschland das Arbeitszeitgesetz (ArbZG), das Arbeitnehmenden ausreichend Ruhezeiten sichern soll. Grundlage für das Gesetz sind die Europäische Richtlinie 93/104/EG vom 23. November 1993 und die Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung. Das Arbeitszeitgesetz begrenzt die wöchentliche Arbeitszeit auf maximal 48 Stunden pro Woche. Diese Begrenzung kann für viele Krankenhäuser problematisch sein – insbesondere in Zeiten eines Ärztemangels.  

Arbeitgebende haben jedoch die Möglichkeit, die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes durch eine sogenannte Opt-out-Erklärung zu umgehen. Diese freiwillige Opt-out-Vereinbarung ermöglicht es Krankenhäusern, dass Ärzt:innen über die gesetzliche Höchstgrenze von acht Stunden am Tag bzw. 48 Stunden in der Woche arbeiten. 

Was regelt die Opt-out-Erklärung bei Arbeitszeiten in Krankenhäusern?

Die Opt-Out-Erklärung dient dem Zweck, Arbeitgebenden im Interesse eines praxisnahen, sachgerechten und effektiven Arbeitszeitschutzes die Verantwortung für die Planung von Arbeitszeiten zu übertragen. Die Beteiligten verfügen über eine größere Sachnähe und kennen die in den Betrieben zu leistende Arbeit sowie die zeitlichen Belastungen der Arbeitnehmenden. Daher können sie ihre Regelungen den Erfordernissen des einzelnen Beschäftigungsbereichs anpassen und regionalen Besonderheiten Rechnung tragen. 

Die europäischen Richtlinien legen nicht fest, welche Obergrenze für die Wochenarbeitszeit mit einer Opt-out-Erklärung erreicht werden darf.  

Gesetzliche Regelung für Opt-out in Deutschland

In Deutschland sind die wöchentliche Höchstarbeitszeit sowie Ruhezeiten und Ruhetage im Arbeitszeitgesetz geregelt. Essentieller Bestandteil ist gem. § 3 ArbZG die Begrenzung der Arbeitszeit auf maximal 48 Stunden pro Woche. 

Abweichende Regelungen sind gem. § 7 ArbZG in einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags möglich. Die in Abs. 1, 2 und 2a genannten Abweichungen können in einem Tarifvertrag zugelassen werden. Insoweit ist das ArbZG ein tarifdispositives Gesetz. 

Gem. § 7 Abs. 1 ArbZG kann die reguläre Wochenarbeitszeit von 48 Stunden auf 60 Stunden erhöht werden. Eine solche Verlängerung ist jedoch nur möglich, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt. Zusätzlich kann ein anderer Ausgleichszeitraum festgelegt werden, um längere Arbeitszeiten abzugelten.  

Recht auf Widerruf der Opt-out-Erklärung

Ärzt:innen, die eine Opt-out-Erklärung unterzeichnen, sollten sich der rechtlichen Implikationen bewusst sein. Es ist entscheidend, dass die Erklärung freiwillig erfolgt und nicht durch Druck des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin erzwungen wird. Ärzt:innen haben nach § 7 Abs. 7 Satz 2 ArbZG das Recht, ihre Opt-out-Erklärung mit einer Frist von sechs Monaten zu widerrufen. Arbeitgebende dürfen Arbeitnehmende nicht benachteiligen, weil diese die Einwilligung zur Verlängerung der Arbeitszeit nicht erklärt oder die Einwilligung widerrufen haben. 

Eine weitere wichtiger Vorschrift betrifft die Dokumentation. Arbeitgebende sind verpflichtet, die Arbeitszeiten der Ärzt:innen exakt zu erfassen und sicherzustellen, dass die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeitenden nicht gefährdet wird. Dies schließt regelmäßige Ruhezeiten und Pausen ein. 

Vergütung oder Freizeitausgleich: Was das ArbZG für Überstunden vorschreibt

Es gibt keine allgemeine gesetzliche Regelung im Arbeitszeitgesetz, die vorschreibt, wie Überstunden zu vergüten sind. Die Regelung der Kompensation der Mehrarbeit wird den Tarif-, Betriebs- oder Arbeitsvertragsparteien überlassen. Eine Kompensation kann mittels Freizeitausgleich oder in Form einer zusätzlich gewährten Vergütung erfolgen. Das ArbZG sieht den Ausgleich von Überstunden durch Freizeit vor, beispielsweise in § 3 Satz 2 ArbZG. Unmittelbare Kompensationsansprüche der Arbeitnehmenden gegenüber den Arbeitgebenden enthält das ArbZG nur für den Sonderfall der Nachtarbeit gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG. 

Steuer- und sozialversicherungsfreie Zuschläge für Arbeit an Sonn- und Feiertagen sowie in der Nacht im Sinne des § 3b EstG werden von Opt-out-Vereinbarungen grundsätzlich nicht berührt.  

Die Vor- und Nachteile von Opt-out für Ärzt:innen und Kliniken

Die Unterzeichnung einer Opt-out-Erklärung kann sowohl für Ärzt:innen als auch für Kliniken Vor- und Nachteile mit sich bringen. Zu den wichtigsten gehören: 

  • Flexibilität und Erfahrung: Ärzt:innen können ihre Arbeitszeiten flexibler gestalten und durch längere Dienste mehr praktische Erfahrung und zusätzliche Einkünfte erzielen. Kliniken können flexibler auf Personalengpässe reagieren und Kosten durch effizientere Nutzung des vorhandenen Personals senken. 
  • Patientenversorgung: Längere Arbeitszeiten ermöglichen eine durchgehende Betreuung der Patienten durch dasselbe Ärzteteam.
  • Gesundheitsrisiken: Überlange Arbeitszeiten können zu Erschöpfung, Stress und letztlich zu einem erhöhten Risiko für gesundheitliche Probleme führen.
  • Erhöhtes Fehlerrisiko: Übermüdete Ärzte sind anfälliger für Behandlungsfehler, was Haftungsrisiken vergrößern kann. 
  • Druck: Häufig erhalten Ärzt:innen zusammen mit dem Arbeitsvertrag auch das Formular für die Opt-out-Erklärung. Gerade bei jüngeren, unerfahrenen Ärzt:innen kann dadurch das Gefühl entstehen, die Unterzeichnung sei verpflichtend.  Zwar darf die Ablehnung einer Opt-out-Erklärung nicht zu Nachteilen führen, in der Realität kann es dennoch zum Vorenthalt von präferierten Diensten oder lehrreichen Operationen kommen.  

Wie viele Ärzt:innen unterschreiben eine Opt-out-Erklärung?

Eeiner Umfrage aus dem Jahr 2022 des Hartmannbundes hat ergeben, dass von den befragten 850 Ärztinnen und Ärzten 44,7 Prozent eine Opt-out-Regelung unterschrieben und 47,4 Prozent die Unterschrift abgelehnt haben. 7,8 Prozent gaben an, dass sie es nicht wüssten. 

Fundierte rechtliche Beratung bei Opt-out ratsam

Die Opt-out-Regelung kann eine sinnvolle Option für Ärzt:innen und medizinische Arbeitgebende sein. Durch die Umgehung der Vorgaben aus dem Arbeitszeitgesetz sind flexibleres Arbeiten und eine hohe Patientenversorgung möglich. Allerdings müssen die potenziellen Risiken sorgfältig abgewogen werden. Eine fundierte rechtliche Beratung ist in diesem Zusammenhang stets ratsam. 

Wenn Sie weitere Fragen zum Thema „Arbeitsrecht im Gesundheitswesen“ haben, wenden Sie sich gerne an Rechtsanwältin Julia Brey. In Kooperation mit Steuerberaterin Stefanie Anders haben Sie mit uns ein starkes Team an Ihrer Seite, welches Sie ganzheitlich berät und gerne alle Ihre Fragen beantwortet. 

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