Privates Veräußerungsgeschäft bei vorherigem Anteilsbesitz einer GmbH & Co. KG
© elnariz / Adobe Stock

21. Juni 2023

Privates Veräußerungsgeschäft bei vorherigem Anteilsbesitz einer GmbH & Co. KG

Verkäufer:innen von nicht selbstgenutzten Grundstücken und Immobilien müssen vorsichtig sein. Gemäß Paragraph 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG) muss eine Spekulationsfrist von zehn Jahren verstreichen, damit keine Einkommensteuer anfällt und kein privates Veräußerungsgeschäft vorliegt. In bestimmten Fallkonstellationen ist dieser Sachverhalt jedoch nicht klar. Hier finden Sie einen hypothetischen und doch realistischen Fall, in dem verschiedene Zeitspannen für Unklarheit bei der Besteuerung sorgen. Die Lösung finden Sie hier auch.

Privates Veräußerungsgeschäft: Die Ausgangslage in unserem Fall

Eine vermögensverwaltende GmbH & Co. KG hält ein Mehrfamilienhaus mit zehn Wohnungen. Durch die Beteiligung an der Gesellschaft mit zehn Prozent erhält eine Gesellschafterin eine Wohnung. Beim Eintritt ordnete das Unternehmen ihr das Objekt klar zu.

Bei der Liquidation der Gesellschaft beschloss die Gesellschafterin, dass sie die Wohnung im Rahmen des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) als Liquidationserlös erhalten möchte. Sie übernimmt die anteiligen Verbindlichkeiten und nach der zehnjährigen Haltefrist tritt die Übertragungs- und Ausscheidevereinbarung in Kraft. Das Objekt geht vom Teileigentum in ihr zivilrechtliches Alleineigentum über. Nach drei weiteren Jahren entscheidet sie sich für einen Verkauf der Wohnung.

Privates Veräußerungsgeschäft: Welche Zeitspanne gilt in diesem Fall?

Es stellt sich die Frage, ob der Verkauf der Wohnung ein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 EStG ist.

Hierbei gilt: Findet die Übertragung von nicht selbstgenutzten Grundstücken und Immobilien innerhalb einer zehnjährigen Spekulationsfrist statt, liegt ein Veräußerungsgeschäft vor. An- und Verkäufe außerhalb der Zehn-Jahresfrist sind steuerfrei. 

In unserem hypothetischen Fall gibt es zwei mögliche Antworten:

  • Ja, der Gewinn ist einkommensteuerpflichtig, da die drei Jahre zwischen Übertrag und Verkauf gelten oder
  • Nein, der Gewinn ist nicht einkommensteuerpflichtig, da die Gesellschafterin bereits über zehn Jahre Teileigentümerin der Wohnung ist.

Liegt in unserem Fall ein privates Veräußerungsgeschäft vor?

Ja, die Übertragung der Eigentumswohnung nach den weiteren drei Jahren stellt ein privates Veräußerungsgeschäft dar. Der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung, also zwischen Wohnungsübernahme und Verkauf beträgt nicht mehr als 10 Jahre. Die Gesellschafterin muss also Einkommensteuer abführen.

Welche Besonderheit sieht der BFH bei privaten Veräußerungsgeschäften?

Für die Annahme eines privaten Veräußerungsgeschäfts müssen die vorher geschlossenen Verträge angesehen werden. Laut der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) ist es unerheblich, dass die Gesellschaft eine Liquidationsregelung beim Eintritt in die GmbH & Co. KG mit neuen Gesellschafter:innen trifft. Es wird auch nicht beachtet, dass die Gesellschaft die Wohnung bereits einer Gesellschafterin oder einem Gesellschafter zuordnet.

Es gibt jedoch im § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG eine Sonderregelung. Da die Gesellschafterin bereits zu zehn Prozent mittelbare Eigentümerin war, entfallen auch zehn Prozent des Veräußerungsgewinns und stellen somit kein steuerliches Veräußerungsgeschäft dar.

Unsere Einschätzung

Auch wenn Sie bereits „gefühlt“ mittelbarer Eigentümer sind und auch die zehnjährige Haltefrist für die Annahme des privaten Veräußerungsgeschäfts überschritten ist, sind Sie nicht automatisch von der Einkommensteuer befreit. Lassen Sie sich von Ihrem Gefühl nicht trügen und halten Sie vor einem Verkauf Rücksprache mit Ihrem Steuerberater. Es könnte nämlich sein, dass ein privates Veräußerungsgeschäft vorliegt und eine Einkommensteuerbelastung auf Sie zukommt. Unser Expertenteam für Immobilien berät sie gerne

 

Michael Simon

Partner, Steuerberater, Diplom-Finanzwirt

Expert:innen zu diesem Thema

Ann-Christin Büscher

COO International, Partnerin, Steuerberaterin, Fachberaterin für Internationales Steuerrecht

Dennis Bork

Associate Partner, Steuerberater

Eva-Maria Klassen

Prokuristin, Steuerberaterin, LL.M.

Franziska Mans

Steuerberaterin, Bachelor of Arts (Steuerrecht)

Julian Heesemann

Associate Partner, Steuerberater, Fachberater für die Umstrukturierung von Unternehmen (IFU /ISM gGmbH), Diplom-Finanzwirt, LL.M.

Jeanette Rodegro-Dohrn

Prokuristin, Steuerberaterin, Fachberaterin für Internationales Steuerrecht, M. Sc. (Betriebswirtschaftslehre)

Maxim Hauch

Partner, Steuerberater, Dipl.-Finanzwirt, zertifizierter Berater für Immobilienbesteuerung, zertifizierter Berater für Kauf und Verkauf von Unternehmen / M&A

Matthias Meyer

Partner, Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht, Diplom-Kaufmann

Nico Kurth

Prokurist, Steuerberater, Bachelor of Arts (Steuerrecht)

Peter Kollenbroich

Partner, Steuerberater, Fachberater für Immobilienbesteuerung, LL.M.

Raphael Niederstraßer

Steuerberater, Dipl.-Finanzwirt, M.A. Taxation

Sven Rücker

Associate Partner, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer

Thomas Budzynski

CEO, CFO, Partner, Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

Tim Weyers

Prokurist, Steuerberater, Dipl.-Finanzwirt, M.A. (Taxation)

Das könnte Sie auch interessieren

  • Wir verbreitern unser Spektrum: Effektive Lösungen durch IT Consulting

    Viele unserer Mandant:innen haben Bedarf an IT-Dienstleistungen, sei es bei der Entwicklung von IT-Strategien, der Durchführung von Digitalisierungsprojekten oder der Optimierung von Geschäftsprozessen. Auch wir als Rechts- und Steuerberatung sind auf gute IT-Prozesse angewiesen. Damit unsere Mandant:innen die bestmögliche Unterstützung [...]

    Bruno Höveler

    29. Jun 2023

  • Warum werden Mehrheitsstimmrechte bei Gesellschaftsbeschlüssen immer bedeutender?

    Durch den Entwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes des Bundesfinanz- und Bundesjustizministeriums gibt es erneut die Möglichkeit einer Einrichtung von Mehrheitsstimmrechten bei Gesellschaftsbeschlüssen. Erfahren Sie hier, welche praktischen Auswirkungen dies im Gesellschaftsrecht hat. Grundlagen des Stimmrechts im Gesellschaftsrecht Grundsätzlich herrscht im Gesellschaftsrecht das [...]

    Paola Koudela

    26. Mrz 2024

  • Liquidation einer GmbH und der Jahresabschluss

    Auch wenn eine GmbH in Liquidation geht, muss das Unternehmen einen Jahresabschluss erstellen. Was das konkret bedeutet, erfahren Sie hier. Muss eine GmbH in Liquidation einen Jahresabschluss erstellen? Wenn die Liquidation einer GmbH beschlossen ist, bedeutet dies nicht, dass ihre [...]

    Kay Hüneke

    07. Okt 2022