12. Februar 2024
Verdeckte Gewinnausschüttung: Wie Kapitalgesellschaften an nahestehende Stiftungen spenden
Inhaltsverzeichnis
- Klarheit zwischen verdeckten Gewinnausschüttungen und steuerbegünstigten Zuwendungen
- Verdeckte Gewinnausschüttungen gemäß § 8 Abs. 3 S. 2 KStG: Was Sie wissen sollten
- Die Grenze zwischen verdeckten Gewinnausschüttungen und steuerbegünstigten Zuwendungen
- Indizien zur Fremdüblichkeit: Beurteilung von Spenden bei verdeckten Gewinnausschüttungen
- Unsere Einschätzung
Kapitalgesellschaften können Zuwendungen zur Förderung von steuerbegünstigten Zwecken an gemeinnützige Organisationen leisten. Die sind im Rahmen von bestimmten Höchstbeträgen steuerlich absetzbar. Das regelt unter anderem § 9 Abs. 1 Nr. 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG). Ob eine Zuwendung gewinnmindernd wirksam wird oder ob der Fiskus sie als verdeckte Gewinnausschüttung wertet, dafür gibt es rechtlich keine allgemeingültigen Kriterien. Ein Urteil des FG Düsseldorf vom 10.01.2023 lässt nun erstmals Anhaltspunkte zur Beurteilung dieses Sachverhalts zu. Was Sie wissen sollten, finden Sie hier.
Klarheit zwischen verdeckten Gewinnausschüttungen und steuerbegünstigten Zuwendungen
Nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG ist der gewinnmindernde Abzug einer Spende nur vorbehaltlich des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG möglich. Daraus folgt, dass Spenden auch als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) klassifiziert werden können, soweit die Zuwendungen an Gesellschafter:innen oder diesen nahestehenden Personen geleistet werden. Die Entscheidung, ob es sich bei den Spenden um eine steuerlich gewinnmindernd zu berücksichtigende Zuwendung oder um eine vGA handelt, ist für die Praxis von erheblicher Bedeutung. Eine vGA darf den Gewinn gem. § 8 Abs. 3 S.2 KStG nicht mindern. Bislang wurden seitens Rechtsprechung keine allgemeingültigen Kriterien benannt, nach denen die Einordnung erfolgen kann. Aus eingangs erwähnten Urteil des FG Düsseldorf ergeben sich nun erstmals Anhaltspunkte zur Beurteilung.
Verdeckte Gewinnausschüttungen gemäß § 8 Abs. 3 S. 2 KStG: Was Sie wissen sollten
Die vGA ist im Gesetz nicht definiert. Nach ständiger Rechtsprechung handelt es sich um eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die sich auf den Unterschiedsbetrag des § 4 Abs. 1 EStG auswirkt und nicht auf einer offenen Gewinnausschüttung beruht.
Problematisch ist dabei in der Praxis insbesondere die Voraussetzung der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung. Diese Voraussetzung wird bejaht, wenn eine Kapitalgesellschaft ihrem/ihrer Gesellschafter:in einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines/einer ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter:in einem/einer fremden Dritten nicht gewährt hätte.
Eine vGA wird möglicherweise auch angenommen, wenn der Vermögensvorteil nicht an den/ die Gesellschafter:in direkt, sondern an eine nahestehende Person geleistet wird.
Die Grenze zwischen verdeckten Gewinnausschüttungen und steuerbegünstigten Zuwendungen
Der Fremdvergleich stellt das maßgebliche Kriterium zur Beurteilung von vGAs dar. Bei der steuerrechtlichen Einordnung von Spenden stößt der Fremdvergleich allerdings an seine Grenzen, da gerade die fehlende Gegenleistung das zentrale Merkmal einer Spende ist. Durch die Einführung der Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG hat sich der Gesetzgeber entschieden, einen Zuwendungsabzug bei Spenden grundsätzlich zu ermöglichen. Dies darf seitens der Rechtsprechung nicht konterkariert werden, indem die Einstufung von Spenden als vGA zum Regelfall wird.
Andererseits darf bei der Abgrenzung auch nicht alleine auf die „gemeinnützige Motivation“ der spendenden Kapitalgesellschaft abgestellt werden, da die Unterstützung der Allgemeinheit bereits als Voraussetzung für den steuerlichen Zuwendungsabzug notwendig ist. Folglich würde diese Handhabung die Anwendung des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG aushöhlen.
Ob eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis vorliegt, wird im gerichtlichen Verfahren durch das FG als Tatsacheninstanz anhand der Umstände des Einzelfalles beurteilt. Dabei muss das FG sowohl der Regelung des Zuwendungsabzugs als auch deren ausdrücklichen Ausnahme durch die Regelung zur vGA angemessen Rechnung tragen.
Indizien zur Fremdüblichkeit: Beurteilung von Spenden bei verdeckten Gewinnausschüttungen
Im besagten Urteil hat das FG entschieden, dass eine Spende jedenfalls dann als vGA zu werten ist, wenn sie durch ein besonderes Näheverhältnis zwischen dem Empfänger und dem Gesellschafter der spendenden Kapitalgesellschaft veranlasst ist.
Die Fremdüblichkeit der Spenden hat das FG darüber hinaus anhand dieser Indizien beurteilt:
- Als maßgebliches Indiz hat das FG das Verhältnis von Spenden, die an nahestehende Stiftungen geleistet werden („Eigenspenden“) zu den Spenden, die an fremde Dritte geleistet werden („Fremdspenden“) herangezogen. Gegen eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung von Spenden spräche es demnach, wenn die Gesellschaft neben den „Eigenspenden“ noch höhere Spenden an fremde Dritte zugewendet hat. Dabei sind auch vor- und nachgelagerte Veranlagungszeiträume in die Betrachtung einzubeziehen.
- Auch der Anteil der Spenden am Steuerbilanzgewinn kann für die Beurteilung entscheidend sein. Ein unter Berücksichtigung der Ertrags- und Vermögenslage der Kapitalgesellschaft angemessenes Verhältnis spricht für die steuermindernde Berücksichtigung als Spende.
- Darüber hinaus dürfen keine Anhaltspunkte für eine Verknüpfung mit privaten Zwecken der Gesellschafter oder für das Vorliegen eines „Steuersparmodells“ bestehen. Ein solches „Steuersparmodell“ läge zum Beispiel vor, wenn Spenden erst nach Ausschöpfung der persönlichen steuerlichen Begünstigungen der Gesellschafter aus dem Gesellschaftsvermögen geleistet werden.
- In dem vom FG entschiedenen Streitfall wurden die Spenden von der Kapitalgesellschaft an die Stiftung geleistet, um die Spendenaktivität der Kapitalgesellschaft zu bündeln und unter Einbeziehung eines fachkundigen Gremiums zielgenauer und transparenter gestalten zu können. Die Entscheidungen über die Verteilung der Spendengelder wurden daher von einem „Round Table“ als zwischengeschaltetes Gremium getroffen, wodurch eine Distanz zwischen dem/der Gesellschafter:in und dem/der Spendenempfänger:in geschaffen wurde. Nach Ansicht des FG dürfe eine Zuwendung unter diesen Umständen nicht anders beurteilt werden, als wenn eine „fremde Kapitalgesellschaft“ dieselbe Stiftung begünstigt. Im Ergebnis spricht die Einbeziehung eines zwischengeschalteten Gremiums somit für die Annahme einer steuerbegünstigten Zuwendung, soweit die Entscheidungen tatsächlich ohne Rücksicht auf Interessen oder Weisungen des Gesellschafters oder der Gesellschafterin getroffen werden.
Unsere Einschätzung
Zwar hat der Bundesfinanzhof BFH bereits in zwei Verfahren zur steuerlichen Behandlung von Zuwendungen einer Kapitalgesellschaft an gemeinnützige Stiftungen Stellung genommen. Diese Entscheidungen machten allerdings lediglich deutlich, dass die rechtliche Beurteilung solcher Zuwendungen durch das FG als Tatsacheninstanz zu erfolgen hat. Allgemeingültige Kriterien zur Abgrenzung wurden hingegen nicht benannt. Aus dem Urteil des FG Düsseldorf können wir nun erstmalig wertvolle Anhaltspunkte entnehmen, welche Sachverhaltsumstände für die Abgrenzung im Einzelfall von Bedeutung sein können. Diese neue Rechtssicherheit begrüßen wir.