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5. Juni 2025

Erklärungsfrist bei außerordentlicher Kündigung des Anstellungsvertrags eines GmbH-Geschäftsführers 

Kategorien: Rechtsberatung

Die außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrags eines Geschäftsführers einer GmbH wirft regelmäßig komplexe rechtliche Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung der gesetzlichen Erklärungsfrist. Während die Organstellung des Geschäftsführers durch Beschluss der Gesellschafterversammlung jederzeit beendet werden kann, unterliegt die Kündigung seines Dienstvertrags den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften, insbesondere § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Danach ist eine fristlose Kündigung nur zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und die Kündigung innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung von den maßgeblichen Tatsachen erklärt wird.  

Gerade im Zusammenspiel zwischen Gesellschafts- und Dienstvertragsrecht, aber auch angesichts der Trennung von Organstellung und Anstellungsverhältnis, stellen sich in der Praxis zahlreiche Auslegungs- und Abgrenzungsfragen. Die Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB ist dabei eine formale Wirksamkeitsvoraussetzung, deren Versäumung zur Unwirksamkeit der Kündigung führt – unabhängig von der inhaltlichen Berechtigung.  

Was ist die Erklärungsfrist bei einer außerordentlichen Kündigung eines GmbH-Geschäftsführers?  

Die Erklärungsfrist bei einer außerordentlichen Kündigung ist die gesetzlich vorgeschriebene Zeitspanne, innerhalb der eine außerordentliche (meist fristlose) Kündigung ausgesprochen werden muss, nachdem der Kündigungsberechtigte von dem wichtigen Kündigungsgrund erfahren hat. Diese Frist beträgt gem. § 626 Abs. 2 BGB zwei Wochen.   

Wann beginnt die Ausschlussfrist bei einer außerordentlichen Kündigung durch die Gesellschafterversammlung? 

Für den Fristbeginn ist bei der GmbH grundsätzlich die Kenntnis der Mitglieder der Gesellschafterversammlung in ihrer Eigenschaft als Mitwirkende an der kollektiven Willensbildung maßgeblich. Daher setzt nicht die außerhalb der Gesellschafterversammlung erlangte Kenntnis die Ausschlussfrist in Gang, sondern erst die Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen nach dem Zusammentritt der Gesellschafterversammlung.  


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Was sind nach Kenntniserlangung die Folgen einer unangemessen verzögerten Einberufung der Gesellschafterversammlung? 

Sollte die Einberufung der Gesellschafterversammlung nach Kenntniserlangung unangemessen verzögert werden, muss sich die Gesellschaft so behandeln lassen, als wäre die Versammlung mit der zumutbaren Beschleunigung einberufen worden (vgl. BGH, Urt. v. 15. 6. 1998 – II ZR 318/96). Im Falle unangemessener Verzögerung soll der Fristlauf daher ab dem Zeitpunkt der zumutbar nächstmöglichen Sitzung einsetzen.  

Organstellung oder Anstellungsverhältnis: Wer ist berechtigt, die außerordentliche Kündigung auszusprechen? 

Hinsichtlich der Frage der Kündigungsbefugnis ist im Ausgangspunkt streng zwischen der Organstellung und dem Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers zu differenzieren. Die Gesellschafterversammlung ist bezüglich der Organstellung des Geschäftsführers gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG für die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern zuständig.   

Wer auf Seiten der Gesellschaft zur Kündigung des Geschäftsführers berechtigt ist, richtet sich nach einem einfachen Grundsatz: Zuständig ist regelmäßig dasselbe Organ, das auch den Anstellungsvertrag geschlossen hat. Da der Vertragsschluss – kraft sogenannter Annexkompetenz – dem Organ obliegt, das für die Bestellung des Geschäftsführers zuständig ist, folgt daraus spiegelbildlich auch dessen Kompetenz zur Kündigung des Vertragsverhältnisses.  

Was bedeutet die sog. Kopplungsklausel? 

In der GmbH ist dies typischerweise die Gesellschafterversammlung, sofern die Satzung keine abweichende Regelung trifft. Eine Übertragung dieser Zuständigkeit auf ein anderes Organ, etwa einen Beirat, ist gesellschaftsvertraglich grundsätzlich möglich. Möglich ist ferner auch die Aufnahme einer Kopplungsklausel in die Satzung der GmbH. Eine Kopplungsklausel (auch Verbindungsklausel) ist eine gesellschaftsvertragliche Regelung, die bestimmt, dass mit der Abberufung als Geschäftsführer automatisch auch das Dienstverhältnis endet.   

Was sind typische wichtige Gründe für die außerordentliche Kündigung eines Geschäftsführers?  

Typische wichtige Gründe für eine außerordentliche Kündigung des Geschäftsführers einer GmbH umfassen unter anderem folgende Verhaltensweisen und Beispiele aus der Rechtsprechung:  

  • Weigerung der Befolgung von Weisungen der Gesellschafterversammlung  
  • Verletzung des Wettbewerbsverbotes durch verdeckte Aufnahme konkurrierender Tätigkeiten gegenüber der Gesellschaft  
  • Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Buchführung durch Fälschung von Buchungsunterlagen   
  • Entnahme von finanziellen Mitteln der Gesellschaft für private Zwecke  
  • Insolvenzverschleppung durch Verletzung der Insolvenzantragspflicht trotz objektiv feststellbarem Eintritt einer Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft  

Ob ein wichtiger Grund vorliegt, hängt immer vom Einzelfall ab. Dabei bedarf es einer sorgfältigen Interessenabwägung, ob der Gesellschaft die Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses noch zumutbar ist.  

Wie unterscheidet sich die Kündigung bei einer GmbH von der bei anderen Unternehmensformen?  

Die außerordentliche Kündigung eines GmbH-Geschäftsführers unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von der Kündigung in anderen Unternehmensformen. Besonders relevant ist die Doppelstellung des Geschäftsführers: Er ist sowohl Organ der Gesellschaft als auch vertraglich gebundener Dienstverpflichteter. Entsprechend sind Abberufung und Kündigung rechtlich getrennt zu behandeln.  

Im Gegensatz zur GmbH ist in Personengesellschaften (z.B. OHG, GbR) die Geschäftsführung meist untrennbar mit der Gesellschafterstellung verknüpft, wodurch eine vergleichbare Kündigung oft nicht möglich ist. Bei der AG wiederum unterliegt der Vorstand keinen Weisungen und kann nur unter engen Voraussetzungen abberufen oder gekündigt werden (§ 84 Abs. 3 AktG).  

Hinzu kommt: Ein GmbH-Geschäftsführer gilt regelmäßig nicht als Arbeitnehmer:in. Arbeitsrechtliche Schutzvorschriften – insbesondere das Kündigungsschutzgesetz – finden daher keine Anwendung. Das ist bei angestellten Führungskräften ohne Organstellung in anderen Unternehmensformen anders.  

Auch die formalen Anforderungen unterscheiden sich: In der GmbH ist in der Regel ein Gesellschafterbeschluss zur Kündigung erforderlich, während in anderen Strukturen (z.B. Einzelunternehmen) die Kündigung durch den/die Inhaber:in selbst erfolgt.  

Wie die außerordentliche Kündigung eines GmbH-Geschäftsführers rechtssicher wird? Unsere Einschätzung  

Die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist bei der außerordentlichen Kündigung eines GmbH-Geschäftsführers keine bloße Formalie – sie ist ein entscheidendes Wirksamkeitserfordernis. In der Praxis zeigt sich immer wieder: Wird mit der Einleitung des Kündigungsprozesses nach Bekanntwerden der maßgeblichen Umstände zu lange gewartet, drohen formale Fallstricke, selbst wenn der Kündigungsgrund objektiv tragfähig ist.  

Gesellschaften müssen daher intern klare Zuständigkeiten und Kommunikationswege definieren, um bei Verdachtsmomenten handlungsfähig zu bleiben – etwa durch schnelle Beschlussfassungen oder die Bestellung besonderer Vertreter. Prüfen Sie daher frühzeitig, wer im Ernstfall für die Kündigung zuständig ist – und halten Sie Fristen sauber dokumentiert ein. 

Sie haben Fragen zur rechtssicheren Kündigung von Geschäftsführern oder zur Gestaltung entsprechender Vertragsklauseln? Wenden Sie sich gerne an unsere Rechtsexperten Louisa Reitemeier und Jens Bühner.  


Vermerk: Bitte beachten Sie, dass in diesem Dokument bei den durch Gesetze festgeschriebenen Begriffen auf das Gendern verzichtet wird, um die juristische Präzision und Klarheit zu wahren. In allen anderen Textteilen wird eine gendergerechte Sprache verwendet, um die Gleichstellung aller Geschlechter zu fördern.  

Jens Bühner

Partner, Rechtsanwalt, LL.M., Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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