
15. Juli 2025
Gewerbesteuer: Keine Pflicht für vermögensverwaltende Personengesellschaften mit gewerblich „infizierten“ Einkünften
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Beschluss (Az. IV B 13/24 vom 28.05.2025) klargestellt: Eine vermögensverwaltende Personengesellschaft, die durch eine Beteiligung an einer gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft sogenannte „gewerblich infizierte“ Einkünfte erzielt, unterliegt nicht automatisch der Gewerbesteuer.
Das Gericht bleibt damit seiner Linie aus früheren Entscheidungen treu – und schafft Sicherheit für viele Gesellschaften mit Immobilien- oder Kapitalvermögen, die sich an gewerblichen Strukturen beteiligen.
Hintergrund: Was bedeutet „gewerbliche Infizierung“?
Bei Personengesellschaften kommt es immer wieder zu folgender Situation: Eine Gesellschaft erzielt eigentlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, also rein vermögensverwaltende Tätigkeiten. Beteiligt sie sich jedoch an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft, werden ihre eigenen Einkünfte steuerlich als gewerblich infiziert behandelt – gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG.
Diese Umqualifizierung betrifft allerdings nur die Einkommensteuer. Die Frage ist: Fällt in diesen Fällen zusätzlich auch Gewerbesteuer an? Das Finanzamt wollte genau das – wurde jedoch vom BFH gestoppt.
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Der Streitfall: Beteiligung ja, Gewerbebetrieb nein
Die Klägerin war eine vermögensverwaltende GbR mit Einkünften aus Immobilienvermietung. Aufgrund ihrer Beteiligung an einer gewerblichen Gesellschaft erfolgte die Umqualifizierung ihrer gesamten Einkünfte in gewerbliche. Das Finanzamt leitete daraus eine Gewerbesteuerpflicht ab und setzte entsprechende Messbeträge fest.
Das Finanzgericht gab der Klage der Gesellschaft statt – und der BFH bestätigte nun diese Entscheidung: Eine bloße Beteiligung an einem Gewerbebetrieb begründet selbst keinen eigenen stehenden Gewerbebetrieb im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG.
BFH: Keine Gewerbesteuer ohne eigenen Gewerbebetrieb
Nach Ansicht des BFH fehlt es in solchen Fällen an einem „stehenden Gewerbebetrieb“ – also an einem dauerhaft angelegten, eigenständig geführten gewerblichen Unternehmen. Entscheidend sei, ob die Gesellschaft selbst originär gewerblich tätig ist, nicht ob sie „nur“ infiziert wurde.
Damit unterscheidet der BFH klar zwischen:
- tatsächlich gewerblich tätigen Gesellschaften, die der Gewerbesteuer unterliegen, und
- vermögensverwaltenden Gesellschaften, deren Einkünfte zwar einkommensteuerlich als gewerblich gelten, aber die selbst keinen Gewerbebetrieb führen.
Keine Verfassungswidrigkeit – kein Gestaltungsmissbrauch
Das Finanzamt hatte im Verfahren verfassungsrechtliche Bedenken geäußert – insbesondere im Hinblick auf mögliche Steuergestaltungen durch Holdingstrukturen und eine vermeintliche Ungleichbehandlung von Personen- und Kapitalgesellschaften.
Der BFH ließ diese Argumente jedoch nicht gelten. Auch aus Sicht des Gerichts besteht keine sachliche Rechtfertigung, vermögensverwaltende Gesellschaften allein wegen einer Infizierung gewerbesteuerlich zu belasten. Der Schutz des Steueraufkommens oder mögliche Vereinfachungsgründe reichten nicht aus, um den Grundsatz zu durchbrechen.
Unsere Einschätzung
Die Entscheidung bestätigt die steuerliche Linie der letzten Jahre: Eine rein vermögensverwaltende Gesellschaft wird durch eine Beteiligung nicht zur gewerbesteuerpflichtigen Gesellschaft, solange sie nicht selbst aktiv unternehmerisch tätig wird.
Das schafft Rechtssicherheit für viele Personengesellschaften, insbesondere in der Immobilienwirtschaft oder bei Fondsstrukturen, die Beteiligungen halten, aber keine eigenen gewerblichen Aktivitäten entfalten.
Wichtig: Auch wenn keine Gewerbesteuer entsteht, bleibt es bei der einkommensteuerlichen Umqualifizierung. Für die betroffenen Gesellschafter:innen kann dies zu abweichenden Steuerfolgen führen. Die steuerliche Planung sollte daher ganzheitlich erfolgen – und sowohl Einkommen- als auch Gewerbesteuer im Blick behalten. Wenden Sie sich bei Fragen an unseren Steuerberater Christian Kappelmann.