Warum Sie eine Scheinselbstständigkeit vermeiden sollten
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23. Mai 2023

Warum Sie eine Scheinselbstständigkeit vermeiden sollten

Inhaltsverzeichnis

Im Gegensatz zu einer abhängigen Beschäftigung ist die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit nicht sozialversicherungspflichtig. Die Pflicht zur Zahlung von Beiträgen zur Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung entfällt, da diese an eine abhängige Beschäftigung anknüpft. Arbeitnehmer:innen, die also fremdbestimmte Arbeit leisten, sind nach Auffassung des Gesetzgebers sozial schutzbedürftig und damit sozialversicherungspflichtig. Die genaue Abgrenzung erweist sich in der Praxis jedoch häufig als Trugschluss. Welche Gefahren hier lauern und wie Sie auf der sicheren Seite sind, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Worin unterscheiden sich selbstständige und nicht selbstständige Beschäftigungen?

Das IV. Sozialgesetzbuch definiert Beschäftigung in § 7 Abs. 1 wie folgt: “Beschäftigung ist die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind die Tätigkeit nach Weisungen und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.“  

Selbstständigkeit nach dem Sozialgesetzbuch ist das Gegenstück zur oben genannten abhängigen Beschäftigung, das heißt, es besteht keine Weisungsgebundenheit und keine Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin. Für eine selbstständige Tätigkeit sprechen beispielsweise der Einsatz eigenen Kapitals, mehrere Auftraggeber:innen zugleich und die im Wesentlichen freie Gestaltung der eigenen Tätigkeit.

Was ist eine Scheinselbstständigkeit?

Bei der sogenannten Scheinselbstständigkeit wird die Tätigkeit als selbstständige Tätigkeit ausgeübt. Tatsächlich treffen aber die oben genannten Merkmale einer abhängigen Beschäftigung zu. Die Person geht davon aus, dass sie eine selbstständige Tätigkeit ausübt, bei genauer Betrachtung der Gesamtumstände liegt jedoch eine abhängige Beschäftigung vor. Letztlich entscheidet also die tatsächliche Ausgestaltung der eigenen Tätigkeit darüber, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit vorliegt und welche sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen sich daraus ergeben.

Welche Konsequenzen hat eine Scheinselbstständigkeit?

Hier sind primär die Auftraggeber:innen in der Verantwortung und müssen gegebenenfalls die vollen Sozialversicherungsbeiträge auch für die Vergangenheit nachzahlen. Hierbei handelt es sich um die Beiträge ohne Arbeitnehmeranteil. Dies kann zum Beispiel im Rahmen einer Betriebsprüfung durch Finanzbeamt:innen festgestellt werden und die entgangenen Sozialversicherungsbeiträge können nachgefordert werden.

Wie kann Scheinselbstständigkeit in der Realität aussehen?

Durch einen Werkvertrag (Definition: ein Arbeitsvertrag, der nur für eine bestimmte Zeit geschlossen wird und in dem eine bestimmte Aufgabe beschrieben ist, die in dieser Zeit zu bearbeiten ist) agiert der/die Arbeitnehmer:in nach außen zwar als selbstständige/r Unternehmer:in, bei der Ausführung dieser Tätigkeit besteht jedoch vollständige Vorgabe und Weisungsgebundenheit, zum Beispiel durch:

  • Feste Arbeitszeiten
  • Feste Räumlichkeiten, die man aufsucht 
  • Feste Bezüge und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
  • Urlaubsabsprachen und -anspruch
  • Einbindung in die Organisation des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin

Gibt es Berufe, die besonders von Scheinselbstständigkeit betroffen sind?

Häufig sind folgende Berufe von Scheinselbstständigkeit betroffen:

  • IT-Berater:innen
  • Reinigungskräfte
  • Grafikdesigner:innen und Texter:innen
  • Programmierer:innen
  • Handwerker:innen

Wie vermeide ich eine Scheinselbstständigkeit?

Rechtssicherheit über das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit oder einer abhängigen Beschäftigung kann für die Beteiligten vorwiegend durch das Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV erreicht werden. Allerdings gilt dies verständlicherweise nur für ein bestimmtes Vertragsverhältnis. Bei Aufträgen mit geringem Umfang ist dies daher nicht empfehlenswert. 

Unsere Einschätzung

Achten Sie auf die tatsächliche Vertragsdurchführung und -erfüllung. Dies sind die Indizien, auf die es bei der Bewertung ankommt. Wir empfehlen bei der Vertragsgestaltung eine fachliche Beratung. Kritische Aspekte, die für eine Selbstständigkeit sprechen, sollten explizit im Vertrag erwähnt werden. 

Wenn Sie als Auftraggeberin oder Auftraggeber unsicher sind, ob auch bei Ihnen Scheinselbstständigkeit vorliegt und damit bei einer Betriebsprüfung Nachforderungen zur Sozialversicherung drohen, wenden Sie sich gerne an uns. Wir beraten Sie.

 

Johannes Dähnert

CSO, Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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