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29. Juli 2025

Zahlungsunfähigkeit prüfen nach IDW S 11: So erkennen Sie den Insolvenzgrund rechtzeitig

In wirtschaftlich angespannten Zeiten ist die frühzeitige Identifizierung finanzieller Risiken von zentraler Bedeutung – insbesondere für mittelständische Unternehmen.  

Einen verlässlichen Rahmen zur betriebswirtschaftlichen Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 InsO bietet der Prüfungsstandard IDW S 11. Dieser ermöglicht eine systematische Analyse der Liquiditätslage und liefert belastbare Grundlagen für rechtssichere Entscheidungen sowie gegebenenfalls notwendige Sanierungsmaßnahmen.  

Eine Liquiditätslücke von mehr als 10 % über einen Zeitraum von drei Wochen gilt, dabei als wesentliches Indiz für eine bestehende Zahlungsunfähigkeit – und macht deutlich, wie wichtig eine vorausschauende Liquiditätsplanung und laufende Überwachung ist. 


Was bedeutet Zahlungsunfähigkeit laut §17 InsO?  

Laut § 17 Abs. 2 Satz 1 Insolvenzordnung (InsO) ist ein Unternehmen zahlungsunfähig, wenn es nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Diese Zahlungsunfähigkeit ist ein zwingender Insolvenzgrund, der zur Antragspflicht führt.  

Wann liegt eine Zahlungsstockung statt Zahlungsunfähigkeit vor? 

Wichtig: Die bloße Zahlungsstockung genügt nicht. Eine Zahlungsstockung ist ein vorübergehendes Zahlungsproblem und kein Insolvenzgrund. Sie wird erst zur Zahlungsunfähigkeit, wenn keine Aussicht besteht, die fälligen Verbindlichkeiten innerhalb von drei Wochen zu decken. Dann ist rechtlich gesehen die Insolvenzreife gegeben. Es geht um eine dauerhafte Situation, in der die Mittel zur Deckung fälliger Verbindlichkeiten fehlen.  

Wie prüfen Sie die Zahlungsunfähigkeit mit IDW S11?  

Der Standard IDW S11 des Instituts der Wirtschaftsprüfer konkretisiert, wie Zahlungsunfähigkeit praktisch zu prüfen ist. Dabei stehen folgende Prüfschritte im Mittelpunkt:  

  • Ermittlung der fälligen Zahlungsverpflichtungen: Welche Verbindlichkeiten sind zum Stichtag tatsächlich fällig und ernsthaft eingefordert?  
  • Ermittlung der verfügbaren liquiden Mittel: Bankguthaben, ungenutzte Kreditlinien, Kassenbestände.  
  • Vergleich beider Seiten: Reichen die Mittel, um die Verpflichtungen zu bedienen?  

Welche Rolle spielt die Liquiditätslücke von 10%? 

Eine dauerhafte Liquiditätslücke von mehr als 10% der fälligen Verbindlichkeiten gilt laut BGH-Rechtsprechung als starkes Indiz für Zahlungsunfähigkeit. Bleibt eine solche Lücke über mehr als drei Wochen bestehen, ist der Insolvenzgrund regelmäßig gegeben.  

Wichtig ist hierbei: Eine vorübergehende Lücke (Zahlungsstockung) kann noch unschädlich sein – aber nur, wenn sie binnen drei Wochen mit hoher Wahrscheinlichkeit geschlossen wird (vgl. oben).  


Was Sie auch interessieren könnte: 


Was ist bei der Drei-Wochen-Frist zur Insolvenzantragspflicht zu beachten?  

  • 15a InsO verpflichtet Geschäftsführer, spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag zu stellen. Wird dieser Zeitraum überschritten, drohen strafrechtliche Konsequenzen wegen Insolvenzverschleppung. 

IDW S 11 hilft dabei, diesen Zeitraum exakt zu bestimmen, etwa durch:  

  • Tagesgenaue Liquiditätsstatus-Berechnungen  
  • Prognosen zur Zahlungsfähigkeit innerhalb des Zeitraums  
    • Wird die Liquidität tagesgenau berechnet, gilt die 3-Wochen-Frist als Standard 
    • Bei einer wochenbasierten Liquiditätsplanung, etwa im Rahmen einer Sanierung oder Fortbestehensprognose, ist hingegen ein Zeitraum von 13 Wochen üblich  
  • Nachvollziehbare Dokumentation für Gerichte und Gläubiger  
  • Dokumentation für nachträgliche Klärung von Geschäftsführer-Haftungsfragen  

Haftung der Geschäftsführung bei Zahlungsunfähigkeit – was Sie wissen sollten 

Geschäftsführer sind gesetzlich verpflichtet, bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung unverzüglich, spätestens innerhalb von drei Wochen, einen Insolvenzantrag zu stellen (§ 15a InsO). Eine verspätete Antragstellung kann zu persönlicher Haftung führen- auch nach dem Ausscheiden aus dem Amt, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil vom 23. Juli 2024 (Az. II ZR 206/22) klargestellt hat. 

Die Rechtsprechung betont zudem, dass Unkenntnis von der Insolvenzreife nicht vor Haftung schützt. Geschäftsführer müssen eine Organisation schaffen, die ihnen die rechtzeitige Erkennung finanzieller Krisen ermöglicht. Zahlungen, die nach Eintritt der Insolvenzreife geleistet werden, können ebenfalls haftungsrelevant sein. 

Besonders risikobehaftet sind Zahlungen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Nach § 15b InsO haftet der Geschäftsführer persönlich für jede Zahlung, die nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar ist – auch zur Fortführung des Betriebs. Ausgenommen sind nur nachweislich sanierungsdienliche Ausgaben. 

Zudem haften Geschäftsführer persönlich für nicht abgeführte Lohn- und Umsatzsteuern (§ 69 AO) sowie Sozialabgaben (§ 266a StGB) – auch bei Liquiditätsengpässen oder Unkenntnis. 

Wie unterstützt ECOVIS Döhmen Consulting bei der Prüfung der Insolvenzreife? 

In dieser kritischen Phase stehen Unternehmen häufig unter erheblichem Druck. Die ECOVIS Döhmen Consulting GmbH bietet mittelständischen Unternehmen umfassende Unterstützung: von der Prüfung der Zahlungsfähigkeit gemäß IDW S 11 über die Erstellung belastbarer Sanierungskonzepte nach IDW S 6 bis hin zur operativen Umsetzung notwendiger Maßnahmen.  

Ziel ist stets die Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit und die langfristige Stabilisierung – individuell, praxistauglich und rechtskonform.  

Zu den konkreten Leistungen zählen:  

  • Überprüfung der Insolvenzantragspflicht  
  • Prüfungen gemäß IDW S 11  
  • Erstellung von Sanierungskonzepten (IDW S 6)  
  • Dokumentation und Berichterstattung für Stakeholder  
  • Begleitung bei Bankengesprächen und in der Gläubigerkommunikation  

Wie individuelle Lösungen für nachhaltige Zahlungsfähigkeit sorgen 

Ein entscheidender Erfolgsfaktor: die enge Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung. ECOVIS analysiert gemeinsam mit dem Management die Liquiditätslage, identifiziert Schwachstellen und entwickelt individuelle Maßnahmen zur Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit.  

Ziel ist eine dauerhafte Stabilisierung und Rückkehr auf ein branchenübliches Niveau – nicht als Standardlösung, sondern als maßgeschneidertes Konzept.  

Unsere Einschätzung: Wer früh prüft, kann gezielt sanieren – und gestärkt aus der Krise hervorgehen  

Der IDW S 11 ist weit mehr als ein Prüfungsstandard – er ist ein strategisches Steuerungsinstrument für Unternehmen in schwierigen Zeiten. In Verbindung mit der fachlichen Kompetenz von ECOVIS gewinnen Mittelständler die Kontrolle zurück: über ihre Liquidität, ihre Zukunft – und ihr Unternehmen.  

Die ECOVIS-Berater Bernhard Görg und Martin Borner stehen Ihnen als erfahrene Ansprechpartner zur Seite – kompetent, praxisnah und auf Augenhöhe. Frühzeitige Klarheit ist der Schlüssel zu nachhaltiger Sanierung und langfristigem Erfolg.  Also zögern Sie nicht, den ersten Schritt zu gehen und nehmen Sie einfach Kontakt zu uns auf. 

Martin Borner

Geschäftsführender Gesellschafter

Bernhard Görg

Geschäftsführender Gesellschafter

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